Ein jahrelanger Missbrauch durch einen Lehrer an einer Wiener Mittelschule, der nach Auftauchen der Vorwürfe 2019 Suizid begangen hat, ist um einen weiteren Aspekt reicher: Wie der "Standard" am Dienstag berichtet, sollen nun Bilder und Aussagen aufgetaucht sein, wonach der sexuelle Missbrauch auch innerhalb des schulischen Bereichs, im Turnsaal und auf einer Sportwoche, stattgefunden haben soll. Bisher war dies von der Bildungsdirektion ausgeschlossen worden.
Der Pädagoge dürfte seit 2004 Missbrauchshandlungen an zumindest 25 Schülern im Alter zwischen neun und 14 Jahren begangen haben. Im Zuge der Ermittlungen waren in der Wohnung des Mannes zahlreiche Datenträger sichergestellt worden. Bei der Auswertung stießen die Ermittler auf umfangreiches kinderpornografisches Material, das er teilweise selbst hergestellt hatte. Er hatte Kinder abgebildet bzw. gefilmt, die er selbst unterrichtet hatte. Laut Kinder- und Jugendanwaltschaft (KJA) waren darunter unmündige Buben, die der Pädagoge 2004 unterrichtet hatte, womit ein möglicher Tatzeitraum von 15 Jahren im Raum steht.
Bildungsdirektor Heinrich Himmer hatte im Mai betont, es stünde mittlerweile fest, dass es zu den Übergriffen und Missbrauchshandlungen ausschließlich außerhalb der Schule gekommen ist. Der Pädagoge hatte Schüler draußen getroffen oder mit nach Hause genommen, wo er ihnen teilweise K.o.-Tropfen verabreicht haben soll.
Schulsportwoche
Dies stellt sich nun laut "Standard" anders dar: Einem ehemaligen Schüler waren 2019 Bilder gezeigt worden, auf denen er sich als Mittelschüler im Jahr 2004 erkennt. Die Fotos wären ohne sein Wissen bei einer Schulsportwoche aufgenommen worden - und zwar von seinem Ex-Sportlehrer. Dem "Standard" liegt zudem eine Zeugenaussage vor, wonach es im Schulturnsaal zu Tathandlungen gekommen sein soll. Der Pädagoge hatte 2009 eine Lesenacht mit Übernachtung organisiert. Ein Opfer sagte, dass es dabei zu Übergriffen gekommen sein soll.
Nach Bekanntwerden des Falls war von Bildungsdirektion und KJA eine Untersuchungskommission eingesetzt worden, um Versäumnisse des Falls zu erkennen und Lehren für die Zukunft zu erarbeiten. Seitens der Schulleitung oder anderer Lehrer sei es zu keinen dienstrechtlichen Vergehen gekommen, weil sie Hinweisen auf Übergriffen nicht nachgegangen wären.
Das Büro von Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) verwies auf Anfrage auf die Stellungnahme der Bildungsdirektion gegenüber dem "Standard", wonach der Kommission diese Zeugenaussagen nicht vorliegen würden. "Kinderschutz muss an erster Stelle stehen und alles auf dem Tisch liegen", bekräftigte ein Sprecher der APA. Man sei schon sehr gespannt auf den KJA-Bericht, der mit Jahresende vorliegen soll. Ein neues Kinderschutzgesetz soll noch heuer präsentiert werden.
Für die Wiener Polizei ist der Fall seit 2019 abgeschlossen, hieß es auf Anfrage. Alle mutmaßlichen Opfer wurden damals nach dem Suizid des Lehrers vom LKA einvernommen. Nähere Angaben könne man wegen deren Persönlichkeitsschutzes nicht machen.