In Abwesenheit des Langzeitverletzten Roger Federer und Novak Djokovic, der wegen seines Impfstatus nicht in die USA einreisen durfte, hält Rafael Nadal die Fahne der "big three" bei den US Open hoch. Erstmals seit drei Jahren ist der mittlerweile 36-jährige Spanier in Flushing Meadows wieder dabei. Mit einem großen Fragezeichen hinter seiner Fitness. Und doch will ihm speziell nach seinen Leistungen im ersten Halbjahr niemand die Chance auf Major-Titel 23 absprechen.
Nadal lag bis ins Wimbledon-Halbfinale sogar auf Kurs "Grand Slam", hatte er doch völlig überraschend nach Verletzungen und Corona und fünf Monaten ohne Match die Australian Open und dann auch noch zum 14. Mal die French Open gewonnen. Doch nicht seine schmerzhafte Dauerverletzung im linken Fuß (Deformation des Mittelfußknochens) stoppte den Mallorquiner in London, sondern eine Bauchmuskelverletzung, womit er Nick Kyrgios den kampflosen Einzug ins Wimbledon-Finale ermöglichte.
Eine frühe Cincinnati-Niederlage Nadals sollte nicht falsch interpretiert werden. Denn auch für Nadal zählen in erster Linie noch die Grand Slams im Herbst seiner Karriere. Seinen Rekord weiter auszubauen, auch wenn Djokovic wegen der unseligen Coronaimpfungs-Debatte schon sein zweites Major versäumt, ist sein Ziel.
"Ich hoffe, dass ich bereit bin. Das ist alles, was ich sagen kann. Mit den Möglichkeiten, die ich habe, hoffe ich, dass ich stark genug bin, um mir selbst eine Chance zu geben", sagte Nadal, der seinen Fans auch auf den sozialen Medien Hoffnung gibt. Auf Instagram postete der beste Sandplatzspieler aller Zeiten ein Bild, das ihn in einem New Yorker Restaurant mit seinem Team und Hollywoodstar Ben Stiller zeigt. Dazu der Kommentar: "Lustiges Abendessen mit meinem Team und meinen Freunden! Und... alles gut, bevor das Turnier beginnt."
Für Eurosport-Experte und Ex-Weltklassemann Mats Wilander ist der enorme Wille des Spaniers, trotz großer Schmerzen immer noch weiterzumachen, besonders bemerkenswert. "Dafür bewundere ich ihn mehr als für seine 14 Roland-Garros-Titel", so der Schwede. Die chronische Fußverletzung allein kann jederzeit von einem Tag auf den anderen unerträglich werden. "Ich kann nicht verstehen, wie ein Spieler das tun kann."
Nadal könnte nun sogar wieder zur Nummer eins der Welt werden. Zwei Major-Siege, ein Halbfinale haben ihn 2022 schon vor New York in die Pole Position im Kampf um den Tennis-Thron gebracht. Titelverteidiger Daniil Medwedew fallen die 2.000 Punkte aus dem Vorjahr aus der Wertung.
Im Training läuft es für Nadal gut. "Ich trainiere mit hoher Intensität und bin ganz froh, wie ich spiele. Schauen wir, was passieren kann."
Aber nicht der Fitnesszustand von Rafael Nadal ist im Big Apple Thema. Kurz vor Turnierstart ist eine Diskussion über die für Männer und Frauen unterschiedlichen Spielbälle entbrannt. Der spanische Ex-Profi Alex Corretja hat Topspielerinnen wie die Polin Iga Swiatek oder die Spanierin Paula Badosa, die die Regelung beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres als nicht mehr zeitgemäß kritisierten, den Rücken gestärkt.
Die Spielerinnen würden heutzutage "so hart schlagen, dass sie etwas mehr Kontrolle brauchen", sagte Corretja bei Eurosport: "Als Spieler muss man ein Spielgefühl haben. Ich denke, sie sollten in Betracht ziehen, dass sie vielleicht für die nächste Saison einfach mit demselben Ball spielen." Es ergebe "keinen Sinn, unterschiedliche Bälle zu haben".
Bälle fliegen "wie verrückt"
Ähnlich hatte zuvor bereits Swiatek argumentiert. "Ich habe viele Spielerinnen gehört, die sich darüber beschwert haben, weil wir andere Bälle haben als die Männer", sagte die 21-Jährige kürzlich. Die Bälle der Frauen würden aufgrund der Eigenschaften "wie verrückt fliegen". Das sei angesichts der körperlichen Entwicklung im Frauen-Tennis nicht mehr zeitgemäß. "Wir haben heute ein wirklich kräftiges Spiel. Es ist nicht mehr so wie vor zehn Jahren", sagte die Weltranglistenerste.
Der Spielball bei den Frauen während der US Open ist etwas weniger flauschig, dafür durch ein engeres Gewebe an der Ballnaht aber aerodynamischer. Bei den drei anderen Grand-Slam-Turnieren spielen Männer und Frauen mit denselben Bällen.