Theoretisch könnte man sagen: Ein Sieg mit Ansage. Francesco „Pecco“ Bagnaia war nach zwei Siegen in Folge in der MotoGP der Favorit für den Grand Prix von Österreich – und er sitzt auf einer Ducati. Und die sind am Spielberg ohnehin quasi unschlagbar. Praktisch sah sein dritter Sieg in Folge auch nicht wirklich nach einem Kunststück aus: Schon am Start übernahm der 25-Jährige die Spitze und schien sich mit der Konkurrenz zu spielen. Wenn es nötig war, zog er das Tempo an. Bis der dritte Sieg in Serie in trockenen Tüchern war. Es war zugleich der siebente für Ducati am Ring seit 2016 – in neun Rennen. Die „Roten“ fliegen eben auf rot-weiß-rot.
Weil zuletzt oft davon die Rede war, dass Italien einen Nachfolger von Valentino Rossi sucht: Erst ein Italiener hat es vor Bagnaia geschafft, in der Königsklasse drei Siege in Serie zu feiern – und das war Bagnaias Lehrmeister: Valentino Rossi. Und doch liegt der Turiner, der von den jüngsten acht Rennen sogar fünf gewonnen hat in der WM als Dritter weiter um 44 Zähler hinter dem WM-Führenden Fabio Quartararo zurück – Nachwirkungen der Fehler in der ersten Saisonhälfte.
Und eben dieser Quartararo war als Zweiter irgendwie doch der Sieger: Denn noch nie war eine Yamaha seit der Rückkehr auf den Red Bull Ring besser platziert; bisher hatte es nur zu dritten Plätzen (zwei von Quartararo selbst) gereicht. Doch der Franzose stemmte sich mit aller Macht gegen die Übermacht der Ducatis, knackte Konkurrent um Konkurrent. Und wollte sich im Anschluss doch nicht sagen lassen, dass er derzeit der beste Fahrer sei: „Das kann und will ich nicht sagen. Was ich sagen kann, ist, dass ich mein Bestes gebe. Ja, wir haben Schwierigkeiten mit dem Bike, aber ich würde nicht sagen, dass ich noch nie so gut in Form war“, meinte er und ergänzte: „Das hier war definitiv eines der besten Rennen meines Lebens. Aber sehr hart und zehrend, weil ich das Gefühl hatte, das jeder Runde eine Qualifying-Runde war.“
Selbst der Kampfgeist wie ein Löwe brachte aber keinen Erfolg gegen Bagnaia. „Er ist der Mann der Stunde“, meinte Quartararo anerkennend, „ihn gilt es in den kommenden Rennen zu schlagen.“
Eventuell wird sich der Weltmeister bei Yamaha dann ja auch Tipps holen. So wie Bagnaia, der wie auch vor Silverstone auch in Spielberg sowohl mit dem „Doctor“, als auch mit Casey Stoner telefonierte. Und offenbarte, dass er zumindest auf Rossi nicht hörte: „Er hat gesagt: ‘Nimm den harten Reifen vorne, das wird ein langes Rennen.’ Mein Team hat natürlich den weichen Reifen gewählt, am Ende war es zäh ...“ Da halfen die Tipps von Stoner schon mehr: „Er war mit der Ducati hier, die Schikane ändert nicht viel, auch wenn mir das neue Layout nicht so gut gefällt.“ Bagnaia scheint angekommen zu sein: „In der schwierigen Zeit habe ich mit meiner Familie und meiner Freundin analysiert, was falsch lief. Und offenbar hab ich die Fehler gefunden.“
Da konterte Quartararo mit einem Lächeln: „Vielleicht sollte ich vor dem Rennen in Misano auch einmal Casey Stoner um Tipps fragen.“