Hätte ein Frühwarnsystem im Ernstfall Leben retten können? Diese Frage beschäftigt seit den heftigen Unwettern am Donnerstag die Republik – fünf Menschen kamen dabei ums Leben. Die landesweiten Katastrophenschutzabteilungen sind davon überzeugt, dass durch eine rechtzeitige Alarmierung am Handy vieles anders gewesen wäre. Der Präsident des Kärntner Zivilschutzverbandes Rudolf Schober sagt: "Das ist schon fahrlässig, wie man damit umgeht", und kritisiert die Vorgehensweise im Bund.

Kärnten und Salzburg haben längst zugestimmt

Dort heißt es, die Abstimmung mit Ländern und anderen Stakeholdern, etwa den drei Netzbetreibern (A1, Drei, Magenta) sei mitunter ein Grund für die Verspätung. Das findet Schober nicht. Hat doch der Kärntner Landtag schon im letzten Jahr mittels Resolution zur Umsetzung des Warnsystems gedrängt. Im Land Salzburg stimmte der Ausschuss ebenfalls einstimmig dafür. Den Prozess beschleunigt hat das nicht. Außerdem würden die neun Bundesländer „nur einen Teil ausmachen“ und die gesamte Durchführung eine „gewisse Vorlaufzeit benötigen“, heißt es vom Bund. Schober: „Es wird Kompetenz und Verantwortung von einem zum anderen Ministerium ‚geschoben‘ und so lange diskutiert, bis die Technologie veraltet ist und man sagt, warten wir, was die Zukunft bringt.“

Kärntens Katastrophenschutzreferent Daniel Fellner (SPÖ) fordert eine SMS-Alarmierung schon seit seinem Amtsantritt im Jahr 2018. Konkret geht es ihm um ein "Cell Broadcast Service", das es den Behörden im Ernstfall ermöglicht, allen Mobiltelefonen, die in einzelnen Funkzellen eingebucht sind, in quasi Echtzeit, datenschutzkonforme Textnachrichten zuzusenden -  zur Warnung, aber auch zur Handlungsanleitung.

"Verordnung fehlt"

"Innenministerium und Finanzministerium sind für das Cell-Broadcasting zuständig. Was fehlt, ist die entsprechende Verordnung", so der Landesrat. Im Zuge der Aufarbeitung der Unwetterkatastrophe in Treffen und Arriach Ende Juni wurde vonseiten der Bevölkerung auch der Ruf nach einem solchen Warnsystem für alle Bürger laut. Fellner: "Eine SMS-Alarmierung im Katastrophenfall kann Menschenleben retten. Deswegen kämpfe ich seit Jahren dafür. Es ist höchst an der Zeit, dass diese moderne Form, die Bevölkerung im Ernstfall zu warnen, endlich umgesetzt wird."

Ebenfalls schon im Jahr 2018 hat die EU die neue Richtlinie für die elektronische Kommunikation angepasst. Bis 2020 sollten alle Mitgliedstaaten demnach ihre Telekommunikationsgesetze ändern und bis Juni 2022 ein bundesweites Warnsystem einrichten. Dieses soll Bürgerinnen im Falle einer Katastrophe, zum Beispiel bei Wetterextremen oder Terroranschlägen, rechtzeitig warnen. Das hat Österreich bislang verpasst. Erst am Samstag ging die Verordnung in die vierwöchige Begutachtung (wir berichteten). Der Start ist für 2023 vorgesehen.