Gemeinsam mit dem Wiener Stephansdom haben am Freitag um 15 Uhr für fünf Minuten in ganz Österreich die Kirchenglocken gegen den Hunger in der Welt geläutet. Die von Bischofskonferenz und Caritas initiierte Aktion solle auf einen weltweiten "leisen Skandal" aufmerksam machen, hieß es dazu im Vorfeld. 828 Millionen Menschen sind derzeit weltweit akut von Hunger bedroht, womit es nach jahrelang rückläufigen Zahlen erstmals wieder mehr Betroffene sind. Durch die Preissteigerungen für Öl, Getreide und andere Nahrungsmittel infolge des Ukraine-Krieges wird das Problem laut Experten noch deutlich zunehmen. Das fünfminütige Geläut setzte ein Zeichen der Solidarität mit den Hungernden und betonte den Appell, nicht länger zuzusehen.

"Täglich leiden und sterben Kinder, Frauen und Männer an Hunger. Hunger ist eine Ungerechtigkeit, die zum Himmel schreit, und seine Beendigung keine Frage des Könnens, sondern nur des Wollens", erklärte Caritas-Präsident Michael Landau. Gerade die ärmsten Regionen der Welt seien von den Folgen der Klimakrise und des Kriegs in der Ukraine am meisten betroffen. Das Läuten erinnere daran, "dass wir endlich geschlossen und mit aller Kraft handeln müssen. Gemeinsam sagen wir: Wir haben Hunger satt!", so der Leiter des wichtigsten kirchlichen Hilfswerks des Landes.

Den rund 3.000 Pfarren in Österreich gab die Caritas im Vorfeld auch Anregungen zur Gestaltung des Aktionstages: etwa mit Kirchturm-Besuchen von Ministranten- und Jungschargruppen oder des Kirchenchores schon im Vorfeld, oder durch Kurzvideos vom Glockengeläut, bei denen eine Pfarrcaritas-Mitarbeiterin, ein Pfarrgemeinderat oder eine Kirchenbesucherin erklärt, warum ihr oder ihm der Kampf gegen den Hunger ein Anliegen ist. Auch Einzelpersonen waren eingeladen, Videos von läutenden Fahrradglocken oder Kuhschellen auf Sozialen Medien mit dem Hashtag #GlockenGegenHunger zu teilen und somit für die weltweite Hungerkatastrophe zu sensibilisieren.

Für eine "Zukunft ohne Hunger"

Besonders schwer vom Hunger betroffen ist die Bevölkerung in den Ländern Afrikas, erklärte der Generalsekretär für die Caritas-Auslandshilfe, Andreas Knapp. Es komme dort immer häufiger zu langen Dürreperioden, verheerenden Überschwemmungen und Insektenplagen. "Ein Großteil der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft. Wenn das Vieh verdurstet und die Ernten ausbleiben, fehlt den Menschen plötzlich ihre gesamte Lebensgrundlage", verdeutlichte der Experte. Kritisch sei die Lage schon vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine gewesen, fehlende Getreide-Exporte und die explodierenden Lebensmittelpreise hätten die Situation der Menschen jedoch nochmals massiv verschärft.

Beim Kampf gegen Hunger ist die Caritas Österreich an vorderster Front aktiv: Im Rahmen von derzeit 81 Projekten für eine "Zukunft ohne Hunger" werden rund 450.000 Menschen erreicht, mit Nothilfe mittels Lebensmittelpaketen einerseits, andererseits aber mit nachhaltiger Hilfe zur Selbsthilfe. So werden etwa Familien am Land in nachhaltiger Landwirtschaft geschult und erhalten Saatgut oder Werkzeug. Frauen werden ermächtigt, mit kleinen Projekten selbstständig Geld zu erwirtschaften und Kinder bekommen eine warme Mahlzeit während ihres Schultages.

"Diese Hilfe kommt an. Es braucht aber noch mehr", heißt es seitens der Hilfsorganisation, die zugleich um Spenden bittet. Bereits kleine Summen seien wirksam: Mit nur 30 Euro könne ein Schulkind im Süden Äthiopiens für ein ganzes Semester täglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt werden, mit 45 Euro der Kauf einer Ziege im Rahmen eines Landwirtschaftsprojekts ermöglicht werden und mit 50 Euro Nahrungsmittelgutscheine für eine fünfköpfige Familie, um den Bedarf von zwei bis vier Wochen abzudecken.