Norwegens Presse ging mit der Frauen-Nationalmannschaft hart ins Gericht. Nach dem 0:8 gegen England musste sich das Team einiges anhören und die klare Niederlage spielte Österreich voll in die Karten. Die beiden Teams sind vor dem direkten Duell punktgleich – Österreich hat nach dem 0:1 gegen England und dem 2:0 über Nordirland aber das weit bessere Torverhältnis. "Erbärmlicher geht es nicht" titelte "Aftenposten". "Schockierendes England" schrieb "Dagbladet" und forderte auch den Rücktritt von Trainer Martin Sjögren. Er sagte nach dem Spiel: "Es ist nicht einfach, die richtigen Worte zu finden. Wir sind alle sehr niedergeschlagen. Es tut mir sehr leid für die Spielerinnen, dass sie in einer Partie, auf die wir uns so lange gefreut haben, mit 0:8 verlieren. Wir hatten eigentlich einen guten Plan und sind auch gut gestartet. Die letzten 85 Minuten waren furchtbar."

Das Tor zum Viertelfinale ist dank des klaren Ergebnisses im Parallelspiel deutlich offener als zuvor. "Sie haben mit die besten Offensivspielerinnen, aber wir haben auch gute Qualität. Von daher rechne ich mit einem wirklich guten Battle", sagte Mittelfeldspielerin Sarah Zadrazil. Über eines waren sich alle im Klaren: "Eine Steigerung muss absolut her."

Ohne Feuerwerk zum Endspiel

Den einen Punkt gilt es am Freitag (21.00 Uhr/live ORF 1) in Brighton im Duell mit den punktgleichen Norwegerinnen zu holen. In einem "Endspiel", das man vor Turnierstart als Minimalziel ausgegeben hatte. "Es war kein Feuerwerk, aber drei Punkte, die uns ins Endspiel bringen, das wir uns erhofft haben", sagte Teamchefin Irene Fuhrmann. Auch bei den Spielerinnen war laut Schnaderbeck die Erleichterung "sehr groß". Das unterstrich auch Mittelfeldspielerin Sarah Zadrazil: "Ich bin froh, dass wir den Sieg haben, wie ist im Prinzip egal."

Durchatmen konnte die ÖFB-Elf auch dank Katharina Schiechtl, die früh traf. "Wir haben unser großes Ziel geschafft. Das ist mega, jeder hat ein Strahlen im Gesicht. Das gibt ganz viel Energie für Freitag", verlautete die Rechtsverteidigerin. Schiechtl profitierte vom coronabedingten Ausfall von Laura Wienroither, lieferte eine sehr souveräne Leistung und wurde quasi zur Matchwinnerin.

"Man kommt rein, macht seine Aufgaben. Dass es dann auch noch mit einem Standardtor geklappt hat, ist umso cooler", gab die Bremen-Legionärin zu Protokoll. In der 19. Minute hielt sie nach einem leicht abgefälschten Puntigam-Freistoß den Fuß entscheidend hin. "Wir haben viele Varianten und Zielspielerinnen. Im Training trainieren wir es immer wieder, umso schöner, wenn es auch im Spiel funktioniert", sagte Schiechtl.

Die ist auch dank ihrer Körpergröße von 1,86 Meter bei Standardsituationen auch in der Offensive sehr gefragt. "Wir haben gesehen, wie wichtig Standardsituationen mittlerweile für uns sind", erläuterte Schnaderbeck. Da bei Nicole Billa und Co. vor der Pause die Effizienz fehlte und Barbara Dunst bei einem an die Latte abgelenkten Schuss Pech hatte, blieb die Partie lange spannend. Das wegen einer ÖFB-Schwächephase in der zweiten Hälfte.

Spiegelbild der Qualifikation

"Da haben wir die Ruhe am Ball verloren und es Nordirland ermöglicht, aufzukommen. Da hat man gemerkt, dass der Sieg doch ein Muss war", vermutete Fuhrmann. Angst vor dem Siegen ist laut der zur Spielerin des Spiels gewählten Barbara Dunst "keine" dabei gewesen. Faktum ist, dass es ein Spiegelbild der Duelle mit Nordirland in der WM-Quali war, wo sowohl beim 2:2 als auch 3:1 im April keine konstante Leistung über 90 Minuten geboten werden konnte.

"Wir müssen den letzten Pass sauberer spielen und noch konzentrierter ans Werk gehen", forderte die 41-jährige Wienerin. Erst im Finish sorgte mit Katharina Naschenweng (88.) eine Wechselspielerin für die endgültige Entscheidung. "Es ist schön, dass Kathi Schiechtl in die Bresche gesprungen ist und das 1:0 gemacht hat", sagte Fuhrmann. Der zweite Treffer zeige, dass man immer wieder Impulse setzen könne. "Qualität von der Bank zu bringen ist ein extrem wichtiger Faktor in so einem Turnier", betonte Fuhrmann.

Naschenweng kam erst rein

Naschenweng war überraschend nicht in der Startelf. "Frust war überhaupt keiner dabei. So wie die Trainerin aufgestellt hat, war es gut, alle haben einen super Job gemacht", wollte die Hoffenheim-Allrounderin keine Kritik üben. Reinzukommen und das Tor zu machen, sei "megaschön" gewesen. Das war der beste Beweis, dass der Kader trotz drei Ausfällen breit aufgestellt ist. "Wir haben viele Spieler auf einem richtig guten Niveau, das zeichnet uns aus", verlautete Zadrazil. Und Schnaderbeck ergänzte: "Man hat wirklich gesehen, dass wir Schwung von der Bank gekriegt haben."

Sie blieb in der Pause in der Kabine, ein "bisschen eine Vorsichtsmaßnahme" angesichts ihrer Knieprobleme. "Da die Laura schon ausgefallen ist, wären zwei Wechsel viel Umstellung gewesen", so Schnaderbeck. Sie biss deshalb die Zähne zusammen. "Ich muss mich jetzt umso mehr regenerieren." Mit nahm sie ein sehr gutes Gefühl. Auch, da es im siebenten Spiel der EM-Geschichte zum fünften Mal kein Gegentor (Anm.: ohne Elfmeterschießen) gab. "Es war wichtig, die Null gehalten zu haben. Das wird uns sehr viel Selbstvertrauen geben Richtung Norwegen", war sich Schnaderbeck sicher.