Die Wissenschaft fragt: Wie kann gezieltes Fasten die Gesundheit verbessern? Der entscheidende Prozess ist die Autophagie, ein natürlicher „Aufräumprozess“ im Körper. In Tierversuchen wurde schon mehrfach gezeigt, dass das gezielte Fasten ein Mittel ist, um diesen Aufräumprozess anzuregen. „An diesen Modellorganismen haben wir gesehen, dass Fasten nicht nur die Lebensspanne, sondern auch die Gesundheitsspanne verlängert“, sagt Frank Madeo von der Uni Graz. Doch offen ist die Frage: Wie lange müssen die Essenspausen sein, wie oft muss gefastet werden, damit die gesundheitlichen Effekte auch beim Menschen auftreten? Studien untersuchen vor allem die Wirkung von periodischem Fasten, sodass man zum Beispiel einen Tag normal isst und am nächsten Tag fastet. Der Altersforscher Valter Longo propagiert das Konzept, einmal pro Monat für fünf Tage 60 Prozent weniger Kalorien aufzunehmen - also etwa die Hälfte davon zu essen, was man sonst isst. Eindeutige Antworten kann nur die Forschung liefern, gemein ist aber allen Ansätzen: Der menschliche Körper ist evolutionär betrachtet darauf ausgelegt, Hungerperioden durchzumachen. Molekularbiologe Slaven Stekovic forscht zu diesen Fragen und hat die ersten Antworten im Buch „Der Jungzelleneffekt“ gesammelt.

Herr Stekovic, was genau passiert bei der Autophagie?
Die Autophagie ist eine Art Recyclingprogramm, dabei werden die kaputten Zellteile abgebaut, die Zelle hält sich so sauber. Ich verwende gern den Vergleich mit einer Wohnung, die beim Einzug schön und ordentlich ist. Wenn man jedoch nie aufräumt, wird man bald nicht mehr in die Küche kommen, ohne zu stolpern. Aber so wie wir räumt die Zelle auch nicht gerne auf, sie braucht Motivation. Diese Motivation ist das Fasten: Bekommt die Zelle keine Energie von außen, ist sie gezwungen, aufzuräumen und aus den Abfallstoffen Energie zu gewinnen.

Warum gibt es diesen Prozess in unserem Körper?
Die Autophagie ist eine evolutionäre Anpassung, die es nicht nur beim Menschen, sondern bei allen Lebewesen gibt. Die Natur konnte ja nicht garantieren, dass immer ausreichend Nahrung verfügbar ist. Der Mensch hat früher auch anders gelebt, wieder kehrende Fastenperioden gab es gezwungenermaßen. Dass wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben, in der man fünf Mal am Tag Erdbeeren essen kann, ist eine junge Entwicklung. Der Überschuss an Nahrung ist erst seit Kurzem vorhanden, die Evolution braucht lange, um sich anzupassen.

Der Reinigungsprozess kann einerseits durch Fasten, andererseits durch bestimmte Lebensmittel angeregt werden. Was funktioniert besser?
Neben dem Fasten haben wir Stoffe, wie Spermidin oder das Resveratrol, das in roten Weintrauben enthalten ist, entdeckt, die ebenfalls Autophagie auslösen können. Auch im Kaffee sind solche Stoffe enthalten. Grundsätzlich hat das Fasten aber stärkere Effekte, allein die Einnahme dieser Stoffe kann das Fasten als Motor für Autophagie nicht ersetzen. Was wir heute sagen können, ist, dass Fasten absolut sinnvoll ist, um gewissen Erkrankungen vorzubeugen.

Doch es gibt verschiedene Ansätze: ganze Fastenwochen, einen Tag essen, einen Tag fasten, oder jeden Tag eine gewisse Anzahl von Stunden fasten. Was wirkt am besten?
Zunächst ist die Frage, was man erreichen will: Gewicht verlieren, gewisse Erkrankungen in den Griff bekommen oder den Alterungsprozess verlangsamen?

Klingt alles gut.
Was wir heute sagen können, ist, dass nach 24 Stunden Fasten die Autophagie angeregt wird. Ob das zum Beispiel einmal im Monat schon ausreicht, um langfristige Effekte zu erzielen, ist fraglich. Das Intervall-Fasten, einen Tag essen, einen Tag nicht essen, ist eine extreme Form: Nach einem Jahr hat man ein halbes Jahr nichts gegessen. Die Effekte dieser Fastenform werden gerade erforscht. Wir stehen aber noch relativ am Anfang.

© KK

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