Österreich hat heuer drei Chancen, den Eurovision Song Contest zu gewinnen. Die offizielle Repräsentantin Zoë hat es ins Finale am Samstag geschafft. Aber auch bei Kroatien und Bulgarien sind Österreicher hinter den Kulissen maßgeblich am Erfolg beteiligt - und laut Statuten ist der ESC ja ein Komponistenbewerb. Eigentlich hat die Alpenrepublik beim Bewerb in Stockholm also drei Eisen im Feuer.

Bei der flotten Disconummer "If Love Was A Crime" der bulgarischen Teilnehmerin Poli Genova ist der Tiroler Songwriter Sebastian Arman beteiligt. Der in Innsbruck aufgewachsene und mittlerweile in Wien lebende 32-Jährige hatte unter anderem Conchitas ESC-Siegertitel "Rise Like A Phoenix" produziert und ihre Single "Heroes" komponiert.

Ebenfalls Erfahrungen mit einer österreichischen Song-Contest-Vertreterin gesammelt haben indes die beiden Wiener Nikola Paryla und Andreas Grass, die 2013 für Natalia Kellys "Shine" verantwortlich zeichneten, das es nicht bis ins Finale schaffte. Mehr Glück war dem Duo, das seit 2014 unter dem Label Popmache arbeitet, mit seiner heurigen Nummer "Lighthouse" beschieden, mit dem Kroatiens Kandidatin Nina Kraljic den Sprung in die Endrunde schaffte.

Nun sind die beiden Songwriter aus Wien-Liesing auf eigene Kosten nach Stockholm gereist, um sich das Geschehen erstmals vor Ort anzusehen. Und die beiden Musiker zeigen sich im APA-Gespräch begeistert von der Atmosphäre in der schwedischen Hauptstadt. "Es macht einen riesigen Unterschied, ob man das zu Hause ansieht und durchzappt oder die Stimmung in der Halle miterlebt", freute sich Grass. In den Greenroom, also den Künstlerbereich der Halle, haben es die beiden beim 1. Halbfinale ihrer Kandidatin zwar wegen Akkreditierungsproblemen noch nicht geschafft, für das Finale sehe es aber gut aus, zeigen sich die beiden zuversichtlich, auf der Couch der Kroaten mitfiebern zu können.

Kroatiens Kandidatin Nina Kraljic
Kroatiens Kandidatin Nina Kraljic © APA/AFP/Nackstrand

Dabei hatte sich das Engagement anfangs gar nicht so gut angelassen, protestierte doch die kroatische Komponistenvereinigung gegen die Verpflichtung ausländischer Liedermacher, was Sängerin Nina Kraljic aber schnell kalmierte. Für das Duo Popmache, das bereits Nummern für Luttenberger*Klug oder die Jungen Zillertaler verfasst hat, ist "Lighthouse" dabei der erste internationale Auftrag, der von der Plattenfirma Universal vermittelt wurde.

"Das war relativ kurzfristig - die Anfrage kam an einem Mittwoch und am Montag war Abgabe. Wir waren aber extrem motiviert. So schnell kann es gehen", erinnert sich Paryla. Der Vorteil hierbei sei aber gewesen, dass man sich mit der Künstlerin habe auseinandersetzen können. "Manchmal weiß man gar nicht, für wen ein Auftrag ist. In diesem Falle war es sehr angenehm, nachdem es von Nina sehr viele Videos im Netz gibt. Da war das Schreiben sehr viel leichter", betonte Grass. Und stilistisch seien die Parameter ebenfalls fixiert gewesen: "Es war klar: Es ist der Song Contest. Und das hat abgesteckt, dass man jetzt nicht anfängt zu experimentieren."

Zugleich hat man musikalisch vom Song Contest mittlerweile eine hohe Meinung. "Ich habe den Eindruck, dass sich der ESC-Sound immer mehr an den internationalen Popsound annähert", ist Paryla überzeugt. Insofern zeigt man sich im Fall der Fälle durchaus offen für weitere ESC-Engagements, sollten diese auf einen zukommen: "Zwei Mal sind zu wenig, um schon die Schnauze voll zu haben - nach dem zehnten Mal ist das vielleicht anders", so Grass lachend.

Zoë beim finalen Durchlauf am Freitag
Zoë beim finalen Durchlauf am Freitag © APA/AFP/Nackstrand

Bei der Frage nach ihren Favoriten auf den morgigen Sieg, sind sich die beiden Musikerkollegen uneins. Während Grass in Richtung Australien tendiert, sieht Paryla eher Russland oder Schweden im Vorteil. "Ich glaube auch, dass Österreich sehr gute Chancen hat - das merkt man an der Stimmung im Saal. Mich würde es nicht wundern, wenn Zoe es unter die Top Ten schafft", so Paryla. Einen Konkurrenzgedanken zum eigenen, kroatischen Beitrag habe man da nicht: "Es freut mich für Zoe, weil es auch für die österreichische Musikszene schön ist."

Österreichs ESC-Kandidatin hat in den vergangenen Tagen eine beeindruckende Aufholjagd beim Eurovision Song Contest gestartet. Hatte die 19-Jährige vor ihrem Halbfinale am Dienstag noch als Wackelkandidatin für einen Aufstieg in die Endrunde des musikalischen Megaevents gegolten, ist ihr Kurs seither deutlich gestiegen. Die Wettbüros halten mittlerweile eine Top-Ten-Platzierung für möglich. 

Bleibt noch die Gretchenfrage, was bei einem - laut Wettbüros eher unwahrscheinlichen - Sieg Kroatiens mit der ESC-Trophäe passiert. "In den Statuten steht drin, dass eigentlich die Komponisten die Trophäe bekommen. Also ich würde sie schon nehmen", lachte Paryla. Aber natürlich könne man ab einem gewissen Zeitpunkt ja nicht mehr davon sprechen, wer konkret welche Leistung bei einer ESC-Performance erbracht habe, eilte sich Grass zu ergänzen.