Heute um 21 Uhr steigen 17 Länder beim Eurovision Song Contest in den Ring, um sich im zweiten Semifinale eines der letzten zehn Tickets für das große Finale am Samstag zu ersingen. Ein Blick auf das Kandidatenfeld, das in der Wiener Stadthalle mit dunklen Balladen ebenso aufwarten kann wie mit skandinavischen Favoriten oder einem jungen Partylöwen.
Startnummer 1, Monika Linkyte & Vaidas Baumila aus Litauen singen den Titel "This Time": Ein Kuss für Europa. Wenn sich Monika Linkyte und Vaidas Baumila bei ihrem Stück "This Time" ganz nahe kommen, hat das zwar nicht die Brisanz wie bei Madonna und Britney. Ungeachtet dessen ist der litauische Beitrag in diesem Jahr recht eingängig geraten, fröhlicher Pop mit Ohrwurmqualität.
Startnummer 2, Molly Sterling tritt für Irland mit "Playing With Numbers" an: Ob man hier auf die richtige Nummer setzt? Irlands Molly Sterling muss sich heuer anstrengen, um die glorreiche ESC-Tradition ihres Landes wieder zu beleben. Der getragene, melancholische Song "Playing With Numbers" macht dieses Vorhaben trotz emotionalen Unterbaus allerdings zur Herkules-Aufgabe.
Startnummer 3, Michele Perniola und Anita Simoncini treten für San Marino mit "Chain Of Lights" an: Wenn das keine Kombination ist - die jüngsten Teilnehmer im Feld treffen auf Song-Contest-Legende Ralph Siegel (69) und singen für San Marino und eine bessere Welt. Das aus der Feder des Deutschen stammenden "Chain of Lights" wird von den beiden Butzis Michele Perniola und Anita Simoncini zwar gefühlvoll intoniert, wirklich hängen bleibt das Balladeneinerlei im Kerzenmeer allerdings nicht.
Startnummer 4, Knez performt seinen Nummer "Adio" für Montenegro: Anhänger von Lokalkolorit müssen beim Jubiläumsbewerb auf Montenegro setzen: Knez versprüht Balkanflair und mischt alles, was in den vergangenen ESC-Ausgaben gut und teuer war. Hier schmachten nicht nur die Geigen, bevor die Beatlandschaft aufgetürmt wird. Dafür wurde offenbar beim Refrain gespart.
Startnummer 5, Amber tritt für Malta mit "Warrior"an (so heißt auch der Finalsong von Georgien): Die zweite Kriegerin im Feld ist deutlich weniger Furcht einflößend als ihr georgisches Pendant Nina Sublatti. Amber setzt eher auf positive Assoziationen - und ein zwischen Melancholie und Disco changierendes Soundkleid. Maßgeschneidert sieht aber anders aus.
Startnummer 6, Mörland & Debrah Scarlett singen mit "A Monster Like Me" für Norwegen um Punkte: Skandinavisches Unterstatement - das norwegische Duo sticht nicht nur optisch aus dem diesjährigen Teilnehmerfeld hervor. Die dunkle Ballade "A Monster Like Me" verdankt ihre Dynamik neben der stimmlichen Gegensätze vor allem einer klugen Komposition mit großem Finale. Definitiv ein Geheimtipp.
Starnummer 7, Leonor Andrade tritt für Portugal mit ""Ha um mar que nos separa" an: Portugal war bei 47 Teilnahmen kein einziges Mal unter den Top-Five - und man muss kein Prophet sein um zu prognostizieren, dass es auch 2015 nicht gelingen wird. Leonor Andrade singt in ihrer Landessprache, was bei Portugiesisch generell keine empfehlenswerte Entscheidung ist. Außerdem bleibt ihr harmloser Schlager "Ha um mar que nos separa" nicht länger als die Tonlänge in den Ganglien hängen.
Startnummer 8, Marta Jandova & Vaclav Noid Barta mit "Hope Never Dies" für Tschechien: Wenn Rocksänger auf die Tränendrüse drücken. Tschechien ist nach längerer Auszeit wieder beim ESC vertreten und schickt mit Marta Jandova und Vaclav Noid Barta zwei arrivierte Musiker nach Wien. Beinahe trotzig wird hier trotz düsterer Klänge konstatiert: "Hope Never Dies". Als Grundgedanke für den Wettbewerb schon mal nicht schlecht.
Startnummer 9, Nadav Guedj möchte der "Golden Boy" für seine Heimat sein: Die Party kann losgehen! Nach kurzem Trauerspiel zum Einstieg, fackelt "Golden Boy" Nadav Guedj nicht lange und setzt ganz auf knallige Beats und orientalische Klänge. Zeitgenössischer R'n'B, der sein Ziel - den Tanzboden - nicht verfehlt und für Israel auch im Song-Contest-Umfeld gute Figur macht.
Startnummer 10, Aminata Savadogo interpretiert die Nummer "Love Injected" für Lettland: Eine große Stimme aus dem kleinen Baltenstaat Lettland schmettert da ein etwas anrüchig klingendes "Love Injected" in die Halle. Mit Chorkolleginnen im Hintergrund überzeugt Aminata Savadogo vor allem durch ihr beeindruckendes Organ. Ihre große Ballade hat die Tochter einer Lettin und eines Vaters aus Burkina Faso selbst geschrieben.
Startnummer 11, Elnur Hüseynov will für Aserbaidschan mit "Hour Of The Wolf" punkten: Die Stunde des Wolfes ruft Elnur Hüseynov aus. Wer sich dabei aber aufregenden Pop erwartet, wurde auf die falsche Fährte gelockt. Stattdessen ist der Song, mit dem Aserbaidschan den Triumph von vor vier Jahren wiederholen möchte, eine eher zähe Angelegenheit. Balladesker Herzschmerz mit traurigen Augen.
Startnummer 12, Maria Olafsdottir singt "Unbroken" für ihre Heimat Island: Ein barfüßiger Auftritt ist mittlerweile offenbar Pflicht beim Song Contest: Heuer fällt diese Aufgabe der zierlichen Isländerin Maria Olafsdottir zu, die sich "Unbroken" gibt und zur fröhlichen Popnummer über die Bühne huscht. Der Schritt ins Finale sollte kein allzu großer für sie sein.
Startnummer 13, Mans Zelmerlöw aus Schweden mit "Heroes": Im dritten Anlauf ist es Mans Zelmerlöw geglückt, sich in seiner schwedischen Heimat für den Song Contest zu empfehlen. Sein hymnischer Beitrag "Heroes", der zu einem Gutteil von der Interaktion mit einem Strichmännchen auf der Bühne lebt, gilt seitdem als einer der Topfavoriten auf den Sieg. Ob der Sänger mit diesem Druck umgehen kann, muss sich aber erst zeigen.
Startnummer 14, Melanie Rene singt für die Eidgenossen "Time To Shine": Einen recht braven Beitrag schickt die Schweiz ins Rennen: Melanie Rene verkörpert aufgrund ihrer multikulturellen Wurzeln zwar wie kaum ein anderer Act das Motto "Building Bridges", ob es in der Stadthalle aber ihre "Time To Shine" sein wird, darf bezweifelt werden. Reißbrett-Pop, der beim einen Ohr rein und beim anderen wieder raus geht.
Startnummer 15, Giannis Karagiannis singt für Zypern "One Thing I Should Have Done": Eine intime Darbietung Giannis Karayiannis an den Tag. Seine Ballade "One Thing I Should Have Done" versucht durch simple Struktur und geradlinige Komposition zu punkten. Herzerweichend und berührend geht aber anders.
Startnummer 16, Maraaya aus Slowenien treten mit "Here For You" an: Radiopop par excellence - Sloweniens Duo hat eigentlich eines der stärksten Stücke des diesjährigen Song Contests am Start. Das ebenso abwechslungsreiche wie eingängige "Here For You", das von Marjetkas besonderer Stimme ebenso lebt wie von der vielfältigen Instrumentierung, kann im Livekontext dank minimalistischer Inszenierung bis dato aber noch nicht überzeugen. Im Halbfinale heißt es daher: Alles oder nichts.
Starnummer 17, Monika Kuszynska aus Polen schließt das Starterfeld mit "In The Name Of Love" ab: Große Gefühle evoziert Monika Kuszynska: Die polnische Sängerin, die seit einem Autounfall im Rollstuhl sitzt, darf im von ihrem Ehemann geschriebenen Stück "In The Name Of Love" nicht nur die Liebe, sondern auch das ESC-Motto besingen. Überraschungen darf man sich zwar nicht erwarten, dafür einen soliden Song samt Blütenkitsch im Hintergrund.