Nadine Beiler gibt sich unbeeindruckt: "Warum soll ich über das Finale nachdenken, wenn erst einmal das Halbfinale kommt?", erklärt sie wenige Stunden vor ihrem Antreten in Düsseldorf. Die Coolness ist gut platziert. Der undankbare zweite Startplatz am Donnerstag im Halbfinale, der Umstand, dass seit 2004 kein österreichischer Teilnehmer das Finale erreichte, könnten eine 20-Jährige nervös machen. Für sich und ihre Karriere, sagt Nadine "wäre natürlich ein Top-10- bis Top-5-Platz gut, zumal ich ja ein neues Album gemacht habe, das man dann auch besser vermarkten kann". Vom Siegen spricht sie lieber gar nicht.

So viel Pragmatismus mag nicht jedermanns Sache sein. Fest steht: Die Statistik gibt Nadine recht. Neben Song-Contest-Siegern, die große Karrieren machten - von Udo Jürgens über ABBA bis Celine Dion -, gab es Nicht-Gewinner, die populärer wurden als die siegreiche Konkurrenz. Cliff Richard etwa, der 1968 mit "Congratulations" Zweiter und 1973 mit "Power to All Our Friends" Dritter wurde. Und noch ein Evergreen überzeugte die Song-Contest-Jury nicht: "Volare" landete 1958 auf Platz drei.

Anzug und Abendrobe

Gegründet wurde der Wettbewerb zwei Jahre zuvor, 1956 als Zusammenschluss öffentlich-rechtlicher TV-Anstalten. Unausgesprochene Pflicht waren anfangs Anzug und Abendrobe, längst sind spektakuläre Showkostüme und Choreografien zum Teil wichtiger als die Musik. Zum Image des Bewerbs als Orgie der Belanglosigkeit hat das seit den Neunzigerjahren entscheidend beigetragen - und während einerseits die Roben stets pompöser wurden, infiltrierte die Spaßguerilla den Bewerb: Künstler wie Österreichs Alf Poier, Finnlands "Lordi" und nicht zuletzt Stefan Raab arbeiteten an der Demontage des Song Contests von innen mit - bis im Vorjahr eine Schülerin im kleinen Schwarzen aufzeigte, dass der Song Contest doch noch eine gewisse popkulturelle Relevanz haben kann. Das zeigt sich heuer nicht zuletzt am Nachahmungseffekt: Selten sah man so viele junge Frauen auf der Song-Contest-Bühne.

Ende des Sprachzwangs

Ob Lena den Bewerb auch musikalisch verändert hat, zeigt sich spätestens am Samstag im Finale. Längst wird nicht mehr jedes Lied von einem großen Live-Orchester begleitet, nur noch selten wird in der Landessprache gesungen. Der Sprachzwang wurde 1999 aufgehoben, seit damals gibt es auch kein Orchester mehr. Alle Lieder müssen zwar live gesungen werden, aber die Musik kommt aus der Konserve. Die Urteile fällen eine Expertenjury und das Publikum per Televoting. Das soll die Qualität fördern und Sympathiepunkte zwischen befreundeten Nationen verhindern - auch wenn die Effizienz der Methode fraglich ist. Genauso wie das Geheimnis des Erfolgs. Vielleicht ist es ja die Liebe? Das würde Nadine Beilers Final-Chancen mit "The Secret Is Love" sicher steigern.