Stand das Signal auf Grün oder Rot? Diese essentielle Frage rund um das Zugunglück vom 20. Jänner 2023 am Bahnhof Fürnitz konnte beim ersten Prozesstag am Bezirksgericht Villach von Richterin Sabrina Pušnik nicht zweifelsfrei geklärt werden.
Fahrlässige Körperverletzung, fahrlässiges Herbeiführen einer Feuersbrunst und fahrlässige Gemeingefährdung - diese Anklagepunkte werden einem dreifachen Familienvater (36) aus Deutschland zur Last gelegt. Er war damals als Triebwagenführer eines Güterzugs von Tarvis nach Villach unterwegs und hatte ein Zugsicherungssystem (bremst vor roten Signalen automatisch ab, wenn der Lokführer nicht von sich aus reagiert) deaktiviert, weil es defekt war und zuvor während der Fahrt für Spontanbremsungen gesorgt hatte. Für diese Maßnahme hatte der Angeklagte das Okay der Fahrdienstleitung erhalten. Und für Tempo 100, die höchstmögliche Geschwindigkeit für Güterzüge.
Dann soll er vor dem Bahnhof Fürnitz ein rotes Vor-Signal übersehen haben. „Ich bin nur mitverantwortlich für den Unfall. Meine Wahrnehmung war ein Grün-Signal, die Sicht war optimal“, sagte der Angeklagte. Das sei bei einer funktionierenden Anlage unmöglich, weil der entgegenkommende Zug Grün hatte, so ein Sachverständiger. Die beiden Güterzüge krachten zusammen, durchbrachen eine Lärmschutzwand und blieben auf dem Parkplatz eines Wohnhauses liegen. Mehrere Waggons fingen Feuer, 80.000 Liter Kerosin flossen ins Erdreich. Die Sanierung dürfte noch zehn bis 15 Jahre dauern, das Grundwasser muss gefiltert und gereinigt werden.
Vertagt
Die Schäden sind enorm, wie die am Gericht anwesenden Anwälte der Bahn- und Frachtunternehmen als Privatbeteiligtenvertreter schilderten: Fünf Millionen Euro an den Zügen und der Fracht, 17 Millionen an der ÖBB-Infrastruktur - das ist der aktuelle Stand, keine Endabrechnung. Dazu kommen beschädigte Autos, Garagen, Zäune, Parkflächen, Hecken, Bäume und der mit 28.600 Euro bereits fix bezifferte Feuerwehreinsatz.
Was Versicherungen abdecken, ist noch unklar - wie auch der Ausgang des Verfahrens. Um Echtzeitzugdaten zum Zeitpunkt des Unfalls zu überprüfen und zu eruieren, wann die Signalanlage zuletzt kontrolliert worden war, vertagte die Richterin auf unbestimmte Zeit. Dem Angeklagten drohen im Falle einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.