Bereits beim Betreten der Wohnung spürt man die besondere Atmosphäre. Ein zarter Vorhang trennt den Eingangsbereich von dem offen gestalteten Wohnraum, der von Licht durchflutet wird. Es ist diese Balance zwischen Funktion und Kunst, die sich wie ein roter Faden durch die Räume zieht. Gordon, der vor einem Jahr einen umfassenden Umbau durchgeführt hat, hat der Wohnung mit seinen architektonischen Ideen ein neues Gesicht verliehen: Der Teppichboden verschwand, der Holzboden wurde neu verlegt, und aus der einst kleinen Küche wurde ein großzügiger Wohn-Essbereich. Die Wohnung ist nun offen und einladend, aber gleichzeitig klar strukturiert – ein Spiel zwischen Leichtigkeit und Präzision.
„Es war mir wichtig, die Räume so zu gestalten, dass sie offen und funktional sind, aber dennoch ihren eigenen Charakter behalten“, erklärt Gordon. Ein besonders charmantes Detail ist ein kleines Bullauge über der Abwasch, das den Blick in den Gang freigibt. Und auch die geheime Tür zwischen Schlafzimmer und Küche erzählt von der Freude des Architekten an subtilen, spielerischen Elementen.
Doch nicht nur Gordons Ideen prägen das Zuhause, auch Anna hat ihre künstlerische Welt in die Wohnung eingebracht. Ihre Keramikarbeiten, die an vielen Stellen zu entdecken sind, geben den Räumen etwas Besonderes. Es sind Werke, die den weiblichen Körper in all seiner Vielfalt und Schönheit feiern – Themen, mit denen sich Anna in ihrer Arbeit intensiv beschäftigt. „Ich finde es spannend, was der Körper an Traumata speichert und was er kann. Der Busen ist lebenserhaltend und der menschliche Körper verändert sich, entwickelt sich weiter, ist immer im Fluss“, erzählt Anna.
Luftige Geborgenheit im modernen Wohnbau
Obwohl die Wohnung durch den Umbau modern und luftig wirkt, versprühen die vielen Vintage-Möbel eine angenehme Wärme und Geborgenheit. Viele der Stücke hat Anna über willhaben gefunden – skandinavisches Design aus den 60er und 70er Jahren, das sich harmonisch in das Gesamtkonzept einfügt. „Seit ich nicht mehr in der Modebranche arbeite, habe ich mir vorgenommen, nichts Neues mehr zu kaufen. Alles, was wir brauchen, finden wir gebraucht – außer, es geht wirklich nicht anders, wie bei Unterwäsche“, lacht Anna. Nachhaltigkeit ist ihr ebenso wichtig wie Ästhetik, und wenn sie doch etwas Neues kauft, dann nur verantwortungsvoll und mit Bedacht. Auffallend in der Wohnung sind die verschiedenen Lampen, die sich teilweise wie Kunstwerke in den Raum integrieren. Besonders sticht eine Neonlampe von der Künstlerin Raphaela Riepl hervor, die mit ihren leuchtenden Linien den Raum in ein sanftes Licht taucht und dabei selbst eine Skulptur ist. Über der Couch im Wohnzimmer hängt ein markantes Bild von Micha Wille, das den Raum zwar nicht dominiert, aber dennoch wirkt. Es ist ein Werk, das sich perfekt in die kreative Atmosphäre der Wohnung einfügt und zusammen mit der „Großen Hand“ von Wiener Times die künstlerische Handschrift des Zuhauses verstärkt. Auch das Schlafzimmer erzählt von der Liebe zum Detail. Unter dem Bett verstecken sich zahlreiche Bücher. Die Bücher scheinen ein wesentlicher Bestandteil des gemeinsamen Lebens zu sein. Sie füllen nicht nur das Arbeitszimmer, in dem die Regale bis zur Decke reichen, sondern finden sich auch an vielen anderen Stellen der Wohnung.
Lebendiger Raum mit beständiger Entwicklung
Riess, die ursprünglich aus Graz stammt und nach ihrem Kulturanthropologiestudium in Wien eine Ausbildung an der Herbststraße gemacht hat, lebt nun seit 15 Jahren in der Wohnung. Früher war es eine WG mit Freundinnen, heute teilt sie den Raum mit Gordon, der mittlerweile ihr Ehemann ist. „Diese Wohnung hat mich in vielen Lebensphasen begleitet, und sie hat sich mit mir verändert“, erzählt sie. Was die Wohnung besonders macht, ist die Energie, die sie ausstrahlt. Es ist eine Wärme, die man sofort spürt, wenn man eintritt – eine Atmosphäre, die einlädt, zu bleiben. Diese Energie kommt nicht nur von den architektonischen Details und den Kunstwerken, sondern auch von der Lebensfreude und Kreativität, die das Paar in ihre Gestaltung einfließen lassen. Ihr Zuhause ist ein Ort, an dem die Grenzen zwischen Kunst, Alltag und Architektur verschwimmen. Es ist ein lebendiger Raum, der sich stets weiterentwickelt, genau wie seine Bewohner. „Diese Wohnung hat uns über viele Jahre begleitet, sie hat sich mit uns verändert und weiterentwickelt“, erzählt Anna Riess. So wie ihre Arbeit als Künstlerin. Bei ihren „Circles of Clay“ kann man im Rahmen von buchbaren Workshops selbst Hand an den Ton legen. Was zu sehen gibt es im „kunstGarten“ im Rahmen der langen Nacht der Museen und bei einem gemeinsamen Projekt mit Katharina Husslein.
Die Helligkeit der Räume, die kunstvollen Details und die besondere Mischung aus dänischem Vintage-Design, moderner Architektur und Anna Rieß eigenen Werken machen die Wohnung zu einem wohligen Zuhause. Es ist ein Ort, der zeigt, wie Kunst, Architektur und Alltag nahtlos ineinander übergehen können. „Ich könnte mir nicht vorstellen wo anders zu wohnen.“ lässt Anna Rieß uns beim Abschied noch wissen.