Es war ein Schock. Die Formel-1-Pläne waren wie ein Kartenhaus in sich zusammengestürzt. Porsche und Red Bull, zwei Weltmarken, eine Königsidee des verstorbenen Red-Bull-Begründers Dietrich Mateschitz, begleitet von der Familie Porsche und dem Porsche-Vorstandsvorsitzenden Oliver Blume und Finanzchef Lutz Meschke, war am Widerstand der Motorsport-Red-Bull-Granden gescheitert.

Ein Jahr später bahnt sich eine Liaison an, die selbst die F1-Affäre mit Red-Bull wie eine pubertäre Schwärmerei erscheinen lässt. Das Manager Magazin verdichtete die vielen Gerüchte in der Branche, die sich mit einem Satz auf den Punkt bringen lassen: Porsche beißt in den Apple.
Rückblende, in die Zeit vor Covid: Oliver Blume kommt gerade aus dem Silicon Valley zu einer Porsche-Präsentation in Kalifornien. Die Apple-Connection war längst angebahnt, zu einer Zeit, als der Tech-Gigant noch am Apple Car, Projekt-Name Titan, arbeitete. Es herrscht strengstes Stillschweigen über das Projekt, genauso über die Besuche, aber Blume hatte eine zarte Bande zu Apple geknüpft, die in eine langjährige Beziehung führte.

Das Ende eines Traumes

Im Gegensatz zu anderen Autoherstellern zeigte man bei Porsche den Mut Apple immer tiefer ins Betriebssystem vordringen zu lassen. Anwendungen für das Auto können so über die Software Apple Car Play über dem Bildschirm des Autos laufen ohne ins hauseigene Porsche-Menü einsteigen zu müssen. Simpel, einfach, aber effektiv in einer Zeit, in der das Kundenalter in China bei Porsche in die 30er rutschte, der weibliche Anteil stark stieg und auch die Best Ager in Europa nicht auf ihre Welt aus dem iPhone verzichten wollten.

Parallel entwickelte Apple bis heuer das Projekt Titan weiter, ehe man die Notbremse zog. Milliarden Euro hatte man in die Entwicklung investiert, Topleute von Porsche, Tesla und BMW waren an Bord. Wie auch Magna Steyr, über Jahre herrschte eisernes Schweigen zum Projekt, die Konkurrenz der internationalen Autobranche war redseliger. Ein hundertköpfiges Geheimteam, so ein Insider, entwarf Szenarien und Komponenten (wir berichteten).

Aber heuer war mit einem Schlag das Spiel ums Auto – Apple träumte angeblich von einem Fahrzeug ohne Lenkrad und Pedale, auch verbunden über bezahlbare Mobilitätsdienste – vorbei.

Der Apple-Moment

Genau hier beginnt der Apple-Moment von Porsche. Es geht um einen Technologietransfer aus den Jahren der Apple-Forschung rund ums Auto. Das betrifft die Batterietechnik genauso wie das digitale Erlebnis Auto. Hier steckt die Branche in den Kinderschuhen. Die Apple- und die Porsche-Welt sollen „verschmelzen“, wie es das Manager Magazin ausdrückt. Es geht um gemeinsame Bedien- und Benutzeroberflächen.

Die Smartphone-Verbindung

Der Mensch ist mit seinem Smartphone so eine tiefe Verbindung eingegangen, dass er eine Fixierung entwickelt hat. Dem können sich auch die Automobilhersteller nicht entziehen. Einige kooperieren mit Google, Porsche entwickelt mit Apple the „Next big Thing“. Mit Porsches neuem Digitalchef Sajjad Khan nimmt diese Vision Gestalt an. Letztlich geht es darum ein Porsche-Ökosystem zu erschaffen, ähnlich wie bei Apple. Die Welt des iPhones wird nicht mehr nur in die Bildschirme der Autos gespiegelt, es geht um eine tief greifende Vernetzung, die bei Apps und Appstores beginnt und bei Infotainment und Elektronik des Autos aufhört.

Neue Geschäftsmodelle

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt: Samt völlig neuer Geschäftsmodelle, speziellen Services (Extra-Funktionen im Auto über Apps abrufbar) bis zu auf KI basierten Sprachassistenten als Beifahrer. Apple hat Porsche dem Vernehmen nach zu einem Lead-Entwicklungspartner im Automotive-Bereich gemacht. Ein Ritterschlag, ähnlich wie Microsoft die Grazer High-tech-Schmiede AVL zum weltweiten Haupt-Entwicklungspartner im Automotive-Bereich aufs Podest der Branche gehoben hat.

Der Apple-Moment kommt zur rechten Zeit. Zwar hat man über ein Jahrzehnt eines Steilflugs hinter sich: Die Zahl der ausgelieferten Fahrzeuge hat sich seit 2013 verdoppelt, Umsatz und operatives Ergebnis haben sich nahezu verdreifacht. Umsatzrenditen von rund 18 Prozent wurden angeschrieben.

Die erste Bremsspur

Aber 2024 ist auch ein Jahr der Bremsspur des Konzerns, der immer noch einen Milliarden-Gewinn vorweisen kann. Im ersten Halbjahr ist ein operatives Ergebnis von 3,1 Milliarden Euro erzielt worden, aber damit ungefähr ein Fünftel weniger als vor Jahresfrist. Die Umsatzrendite war zwischenzeitlich auf 15,7 Prozent gesunken. Immer noch exzellente Ergebnisse, aber sie entsprechen auch nicht der eigenen Erwartungshaltung. Dazu kommt, dass ein wichtiger Zulieferer aufgrund einer Überflutung derzeit keine Teile liefern kann. Porsche kappte für das zweite Halbjahr Prognosen für Umsatz, Gewinn und Rendite.

Die Hintergründe für die aktuelle Situation sind vielschichtig: In China musste der Porsche-Chef ausgewechselt werden. Die Zuffenhausener verweigerten sich der Preisschlacht, die Händler sind verstimmt, die Kunden übten sich – auch aufgrund der Immobilienkrise in China – in Zurückhaltung. Porsche lebt außerdem seit Jahren mit der Software-Malaise des Volkswagen-Konzerns. Wichtige Modelle erfuhren dadurch eine jahrelange Verzögerung. Der elektrische Macan kam erst heuer an.

Heikle Entscheidung, die sich rächt

Der Verbrenner-Macan wurde aufgrund der hohen Kosten für die neuen EU-Cybersecurity-Richtlinien nicht mehr neu aufbereitet und ist aus dem Programm gefallen. Weil aber die E-Mobilität in Europa langsamer anläuft rächt sich diese Entscheidung. Inzwischen hat man die Elektrifizierungsstrategie angepasst, man will bis in die 2030er-Jahre dreigleisig fahren (Elektro, Verbrenner, Hybrid).

An der Hybridisierung und Elektrifizierung hält man trotzdem fest: Das beginnt beim 911er, für dessen neue Turbo-Technik eine Varta-Hochleistungszelle notwendig ist – der Hintergrund, warum man beim maroden Batterien-Hersteller einsteigen möchte. Der Cayenne bekommt ein rein elektrisches Pendant. Wohl mit der neuen Erlebniswelt von Apple und Porsche. Hier schließt sich der Kreis.