Die Idee sorgt für Aufsehen. „Unmündige, bildungsferne Bürger“ wolle die SPÖ aus den österreichischen Schülerinnen und Schülern machen, wettert die FPÖ, „Hirngesprinst linker SPÖ-Träumer“ ortet Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Am Wochenende versammelte sich die SPÖ der Bundeshauptstadt zu ihrer „Wiener Konferenz“, einer Art verkleinertem Parteitag. Die dort abgenickten Beschlüsse sehen teils weitreichende Reformen im Bildungssystem vor, darunter eine gemeinsame Schule für Sechs- bis 14-Jährige ohne Noten und das Ersetzen der Matura durch praxisbezogene Projektarbeiten.

Dass die Reifeprüfung bald der Vergangenheit angehört, scheint aber unwahrscheinlich: Nicht einmal die Bundes-SPÖ steht hinter der Forderung – zwar begrüße man Diskussionen darüber, wie man die Schule angstfrei gestalten könne, die Prioritäten seien momentan aber andere. Eine Absage gibt es auch aus dem Büro des Wiener Vizebürgermeisters Christoph Wiederkehr (Neos): Es brauche eine Reform der Matura und des Fächerkanons, doch ein Leistungsnachweis per se sei nichts Schlechtes.

Matura fast überall in Europa

Auch der Großteil der Länder Europas hält an einer Form der Abschlussprüfung fest. Laut dem Bildungsministerium gibt es aktuell europaweit nur in Spanien, Schweden und der Türkei keine Reifeprüfung am Ende der Schullaufbahn. Doch ganz ohne Prüfungen kommt man auch dort nicht aus: In Spanien etwa ist zwar keine Matura nötig, um die Schule abzuschließen, wer allerdings studieren will, muss eine gesonderte Prüfung ablegen – je besser das Ergebnis, desto größer ist die Auswahl an möglichen Studiengängen.

Europakarte | In den meisten Ländern Europas gibt es eine Art Zentralmatura.
Europakarte
| In den meisten Ländern Europas gibt es eine Art Zentralmatura.

Eine entscheidende Neuerung bei der österreichischen Matura hat jedenfalls die Corona-Pandemie gebracht: Seither werden die Abschlussnoten zu gleichen Teilen aus den Noten aus dem Zeugnis der 8. Klasse und den Maturaergebnissen errechnet. Um zu verhindern, dass bei der Abschlussklausur leere Hefte abgegeben werden, müssen dort aber zumindest 30 Prozent erreicht werden. An diesem Modell wolle man festhalten, bestätigt das Bildungsministerium.