Israel plant nach den Worten eines ranghohen Beraters von Regierungschef Benjamin Netanyahu nach einem Ende des Gaza-Kriegs keine anhaltende Besetzung des Palästinenser-Gebietes. Es müsse aber eine Sicherheitspräsenz Israels geben, damit das Militär je nach Bedrohungslage für Einsätze hineingehen könne, stellte Mark Regev am Dienstag (Ortszeit) im US-Sender CNN eine Äußerung Netanyahus zur künftigen Rolle Israels im Gazastreifen vom Vortag klar.

„Sicherheitspräsenz und politische Kontrolle unterscheiden“

„Wir müssen zwischen Sicherheitspräsenz und politischer Kontrolle unterscheiden.“ Auch Ron Dermer, Israels Minister für Strategische Fragen, sagte der britischen BBC, Netanyahu wolle sicherstellen, dass das Gebiet eine entmilitarisierte Zone bleibe und das israelische Militär dort Einsätze gegen jegliche neue Terrorbedrohungen ausführen könne. Netanyahu hatte angesichts der Bedrohung durch die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas am Montag in einem Interview mit dem US-Sender ABC gesagt, dass Israel nach einem Ende des Gaza-Kriegs die Sicherheitskontrolle über das Gebiet für unbestimmte Zeit behalten wolle - von Wiederbesetzung sprach er aber nicht.

Seine Worte warfen jedoch Fragen auf, was genau Israel plane. „Wenn dies vorbei ist und wir Hamas besiegt haben, ist es entscheidend, dass es dort kein wieder auflebendes terroristisches Element, keine wieder auflebende Hamas gibt“, erklärte Regev. „Es hat keinen Sinn, dies (die Militäroffensive gegen die Hamas) zu tun und einfach wieder von vorne zu beginnen.“ Seit den Terrorangriffen der Hamas und ihrer Verbündeten auf israelischem Gebiet vom 7. Oktober mit mehr als 1.400 Toten geht Israels Militär gegen die islamistische Palästinenserorganisation im Gazastreifen vor. Mindestens 240 Menschen befinden sich dort weiter in der Gewalt der Hamas. Ziel Israels ist es, die Geiseln zu befreien sowie die Hamas und ihre militärischen Strukturen zu zerschlagen, damit sie Israel künftig nicht mehr angreifen kann.

Die USA als enger Verbündeter Israels hatten bereits seit geraumer Zeit davor gewarnt, den Gazastreifen nach einem Ende des Kriegs wieder zu besetzen. Dies wäre ein „großer Fehler“, sagte US-Präsident Joe Biden bereits vor einem Monat. Nach Netanyahus Äußerungen auf ABC wies John Kirby, der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, am Dienstag noch einmal deutlich auf die Haltung der US-Regierung hin.

„Der Präsident denkt nach wie vor, dass eine Wiederbesetzung des Gazastreifens durch Israels Streitkräfte nicht gut ist. Sie ist nicht gut für Israel und auch nicht gut für das israelische Volk.“ Zugleich betonte Kirby, dass nach einem Ende des Gaza-Kriegs dort nicht dieselbe Regierung herrschen könnte wie vor dem 6. Oktober. „Es kann nicht Hamas sein“, sagte er. Auch Vedant Patel, der stellvertretende Sprecher des US-Außenministeriums, betonte, generell unterstützten die USA keine erneute Besetzung des Gazastreifens. Auch Israel wolle das nicht. „Unser Standpunkt ist, dass die Palästinenser bei diesen Entscheidungen an vorderster Front stehen müssen, und Gaza ist palästinensisches Land und wird palästinensisches Land bleiben.“

„Lädt nur dazu ein, den 7. Oktober zu wiederholen“

Auch US-Außenminister Antony Blinken selbst sprach sich gegen eine erneute israelische Dauer-Besetzung des Gazastreifens aus. Israel könne das Palästinenser-Gebiet nicht wieder dauerhaft verwalten, aber es könne eine Übergangszeit nach dem Ende des Gaza-Kriegs geben, sagte Blinken am Mittwoch nach einem Außenministertreffen der sieben führenden Industrienationen (G7) in Tokio. „Der Gazastreifen kann nicht weiter von der Hamas regiert werden. Das lädt nur dazu ein, den 7. Oktober zu wiederholen“, erklärte Blinken mit Verweis auf den Überfall der Hamas auf Israel. Es sei aber auch klar, dass Israel den Gazastreifen nicht wieder besetzen könne. Was er von der israelischen Führung gehört habe, sei, dass sie auch nicht die Absicht dazu habe. Die Realität sehe aber so aus, „dass es nach dem Ende des Konflikts eine Übergangszeit geben könnte“.

Israel hatte seine Truppen vor rund 18 Jahren aus dem Gazastreifen abgezogen. Die Hamas, die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, kontrolliert den abgeriegelten Küstenstreifen seit 2007.