Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der kritischen Versorgungslage im Gazastreifen haben mehrere UNO-Organisationen eine sofortige Feuerpause gefordert. „Es sind jetzt 30 Tage. Genug ist genug. Es muss jetzt enden“, teilten sie in der Nacht auf Montag mit. Die israelische Luftwaffe griff indes nach eigenen Angaben erneut Hunderte Ziele im Gazastreifen an. Bei einem mutmaßlichen Anschlag nahe der Altstadt in Jerusalem sind laut Sanitätern zwei Menschen verletzt worden.
450 Ziele in 24 Stunden bombardiert
In den vergangenen 24 Stunden seien rund 450 Ziele aus der Luft bombardiert worden, teilte die Armee am Montagmorgen mit. Darunter seien Tunnel, militärische Anlagen sowie Abschussrampen für Panzerabwehrraketen der Hamas gewesen. Zudem hätten die Truppen am Boden einen militärischen Komplex übernommen. Bei dem Einsatz seien „mehrere Hamas-Terroristen“ getötet worden, hieß es vom Militär. Das von der Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium von Gaza berichtete von mehr als 200 Toten bei den nächtlichen Angriffen. Die Toten wurden dabei als „Märtyrer“ bezeichnet.
Eine etwa 20-jährige Frau sei bei einem mutmaßlichen Anschlag in Jerusalem schwer verletzt worden, teilte der Rettungsdienst Magen David Adom am Montagmorgen mit. Ein etwa 20-jähriger Mann sei durch Stiche leicht verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich demnach am Herodestor. Nach Angaben der Sanitäter wurde der Angreifer „neutralisiert“. Medienberichten zufolge soll es sich bei den Verletzten um Grenzpolizisten handeln. Eine Bestätigung der Polizei stand zunächst aus.
Dem UNO-Aufruf schlossen sich das Nothilfebüro (OCHA), das Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR), das Kinderhilfswerk (UNICEF), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Welternährungsprogramm (WFP) sowie etwa die Hilfsorganisationen „Care“ und „Save the Children“ an. Israel lehnt Forderungen nach einer Waffenruhe bisher ab, weil es befürchtet, dass die Hamas diese zur Reorganisation nutzen würde. Es sicherte aber Feuerpausen in bestimmten Bereichen zu, um Zivilisten die Flucht aus dem Norden des Gazastreifens Richtung Süden zu ermöglichen.
Erneut Dringlichkeitssitzung geplant
Wie die „Times of Israel“ berichtete, soll der UNO-Sicherheitsrat am Montag auf Betreiben der Vereinigten Arabischen Emirate und Chinas erneut zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen, um die jüngsten Entwicklungen im Krieg zwischen Israel und der Hamas zu erörtern. Die rund 1400 Todesopfer auf israelischer Seite und die Verschleppung von mehr als 200 Geiseln infolge des Hamas-Angriffs seien „grauenvoll“, teilten die Organisationen mit. „Aber die schreckliche Tötung von noch mehr Zivilisten in Gaza ist eine Schandtat, wie auch das Kappen von Essen, Wasser, Arzneimitteln, Strom und Treibstoff für 2,2 Millionen Palästinenser.“ Einer ganzen Bevölkerung werde „Zugang zu den nötigsten Dingen für das Überleben verweigert“. Sie würden „in ihren Häusern, Notunterkünften, Krankenhäusern und Gotteshäusern bombardiert“, schrieben die Organisationen.
Aus Washington ließ US-Vizepräsidentin Kamala Harris derweilen wissen, dass sie sich einer Verstärkung der humanitären Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen annehmen werde. Wie das Büro der US-Vizepräsidentin mitteilte, wird Harris am Montag in einem Telefongespräch ausländische Staats- und Regierungschefs über die Bemühungen der Biden-Regierung informieren. Der Direktor des US-Geheimdienstes CIA wird laut einem Bericht der „New York Times“ am Montag außerdem Israel besuchen. Er werde auch in andere Länder im Nahen Osten reisen, um die Situation im Gazastreifen zu diskutieren, berichtet die Zeitung unter Berufung auf US-Beamte.
Hunderte Kämpfer der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober Israel überfallen und in mehreren Ortschaften und bei einem Musikfestival wahllos Gräueltaten vor allem an Zivilisten verübt, darunter viele Frauen und Kinder. Nach israelischen Angaben wurden 1400 Menschen getötet, mehr als 240 weitere wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel erklärte der Hamas daraufhin den Krieg und nahm den Gazastreifen unter Dauerbeschuss. Dabei wurden nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 9700 Menschen getötet. UNO-Angaben zufolge sind innerhalb des Gazastreifens 1,5 Millionen Menschen infolge der Kämpfe auf der Flucht.