Knalleffekt rund um den „Jedermann“ der Salzburger Festspiele. Dem gesamten Team, das davon ausging, die Inszenierung von 2023 auch im kommenden Jahr mit derselben Besetzung zu zeigen, wurde kürzlich mitgeteilt, dass 2024 eine Neuproduktion mit neuer Regie und Besetzung geplant sei. Entsprechende Informationen der APA wurden am Sonntag von der neuen Schauspielchefin Marina Davydova, dem bisherigen Hauptdarsteller Michael Maertens und Regisseur Michael Sturminger bestätigt.
„Mich hat diese Entscheidung, die ohne ein einziges Gespräch mit mir getroffen wurde, überrascht und verwundert“, sagte Maertens. Er habe einen Zwei-Jahres-Vertrag gehabt und sei überdies gebeten worden, die heuer von ihm erstmals gespielte „Jedermann“-Rolle auch 2025 und 2026 zu spielen. Daher sei er aus allen Wolken gefallen, als Davydova ihn vor wenigen Tagen angerufen habe, um ihm mitzuteilen, dass es 2024 eine neue Regie geben werde und diese sich auf eine neue Besetzung stützen wolle.
Kurz vor Beginn der Salzburger Festspiele hatte Intendant Markus Hinterhäuser in einem APA-Interview auf die Frage, ob der Antritt der neuen Schauspieldirektorin bedeuten könne, dass 2023 das letzte Jahr für den „Jedermann“ von Michael Sturminger sein werde, geantwortet: „Nein, darüber reden wir gar nicht.“ Hinterhäuser wollte am Sonntagnachmittag die Angelegenheit gegenüber der APA nicht kommentieren. Schauspielchefin Davydova bestätigte der APA die geplanten Neuerungen und sprach von einer „sehr schwierigen Entscheidung“, die nicht von einem Menschen allein getroffen werden könne. Weitere Angaben wollte sie keine machen. „Wir werden das in der allernächsten Zeit öffentlich kommentieren“, sagte sie. Eine offizielle Stellungnahme der Salzburger Festspiele zu der Causa ist angefragt.
Das Rätselraten
Laut Sturminger war das gesamte „Jedermann“-Ensemble schon im Sommer von der neuen Schauspieldirektorin persönlich per E-Mail für das kommende Jahr eingeladen worden. „Es bestand Einvernehmen darüber, dass man eine ‚Jedermann‘-Inszenierung keinesfalls für eine einzige Spielzeit plant und so auch keinem namhaften Hauptdarsteller anbieten könnte. Marina Davydova hat mir das bei unserem ersten Treffen im Mai bestätigt und im August nach einem gemeinsamen Vorstellungsbesuch mitgeteilt, dass sie unsere Inszenierung mit Michael Maertens gerne bis 2026 spielen würde. Man kann sich vorstellen, dass diese Ausladung letzten Mittwoch für uns alle aus heiterem Himmel kam.“
Als Begründung habe er „von verschiedenen Verantwortlichen sehr widersprüchliche Erklärungsversuche gehört, eine offizielle Erklärung kenne ich nicht“, so Sturminger gegenüber der APA: „Ich hab so etwas noch nie erlebt, aber nach gemeinsamen sieben Jahren hätte ich mir eine andere Art von Abschied gewünscht.“ Er werde die Staffel natürlich „gerne weitergeben, hoffentlich an eine weibliche Regisseurin, allerdings hätte ich so menschlich enttäuschende Umstände dabei nicht erwartet“.
Kritik
Unklar ist, ob es nun zur Auszahlung des mit Maertens bestehenden Vertrags kommen könnte und wie nicht vertraglich fixierte mündliche Vereinbarungen zu bewerten sind. „Das ist jetzt Sache der Juristen, ich habe mich bis jetzt immer auf die Handschlagqualität meiner Partner verlassen können, offenbar sind im Direktorium der Salzburger Festspiele in den letzten Jahren wichtige Instanzen verloren gegangen“, sagte Sturminger. So viel er wisse, halte sich die Festspielpräsidentin Kristina Hammer derzeit in den USA auf, sagte Maertens. „Ich hoffe, wir werden nach ihrer Rückkehr einen Weg finden.“