Das Produktionsbudget für "Lissi" ist mit 12 Millionen Euro happig. Flattert das Nervenkostüm des Produzenten und Regisseurs?
Michael Bully Herbig: Bei einem Animationsfilm verpulverst du erst einmal 80 Prozent des Budgets, ehe du siehst, ob er so geworden ist, wie du ihn dir vorgestellt hast. Ich hatte ja Albträume, so Visionen. In der Nacht wachte ich auf und dachte, die Festplatten sind weg. Du hast permanent Angst um die Daten, das war ein völlig skurriles Gefühl.
Noch immer Albträume?
Herbig: Bei einem Realfilm hat man wenigstens das Negativ, das kann man einsperren. Jetzt, wo es den Film auf einer Filmrolle gibt, bin ich so was von erleichtert, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Ich liebe diese Filmrolle. So eine Kopie kann zwar auch verschwinden, aber die Nullkopie liegt im Kopiewerk. Insofern bin ich jetzt erstmal entspannt.
Wie konnten Sie es eigentlich wagen, sich an einem österreichischen Nationalheiligtum, der Geschichte von Sissi und dem Kaiser Franzl, zu vergreifen?
Herbig: Auf diese Frage warte ich schon den ganzen Tag. Es tut mir wahnsinnig leid, wenn ich Sie verletzt haben sollte. Die "Sissi"-Filme laufen bei mir zu Hause seit Jahren in einer Endlosschleife und da dachte ich, ein bisschen gehört mir diese Erinnerung, diese Nostalgie auch. Der ganze Sissi-Mythos kommt doch von den Filmen. Die Sissi-Filme der 50er-Jahre habe ich immer ganz klar von der Historie getrennt. Unser Film ist eine gesunde Mischung aus Fantasie und Historie, wobei der historische Anteil mindestens zwei Prozent beträgt.
Könnten Herr und Frau Österreicher sauer reagieren?
Herbig: In Deutschland bin ich erstaunlich oft gefragt worden, ob ich Angst vor Österreich habe.
Eine berechtigte Frage!
Herbig: Absolut. Aus diesem Grund haben wir auch bereits bei der ersten Drehbuchfassung Freunde aus Wien nach München einfliegen lassen. Wir haben ihnen das Buch gezeigt. Ich wollte das schon so wasserdicht wie möglich und war auch sehr glücklich, dass Lotte Ledl dann letztendlich die Figur der Kaiserin-Mutter gesprochen hat. Vorher kannte ich das Wort Wappler überhaupt nicht.
Welche Bildungslücke!
Herbig: Ja, total. Aber auch Christian Tramitz, der ja eigentlich aus Österreich kommt und den Kaiser Franz spricht, hat gefragt: "Wappler, was soll denn das sein? Das Wort gibt es gar nicht."
Klingt plausibel. Er ist ja der Enkel vom Paul Hörbiger und in der Familie hat man sicher nur "foines" Burgtheaterdeutsch gesprochen. Worin besteht für einen Bayern der Wiener Schmäh?
Herbig: Wir haben eine Seelenverwandtschaft mit Österreich. Mein erster Kontakt mit Wiener Schmäh lief über Hans Moser, dann kam "Kottan ermittelt". Das war Anarchie pur, so etwas gibt es bei uns gar nicht. Das war der Hammer. Ich finde auch Josef Hader großartig. Ich liebe den Dialekt. Im ganzen Film spricht auch niemand Hochdeutsch.
Reinhold Reiterer