Über Skoda kann man nur staunen. Der Höhenflug der Marke reißt einfach nicht ab, da sitzt jedes Modell und wird auch vom Markt belohnt. Sehr zur Freude der Konzernmutter in Wolfsburg, sollte man meinen, und doch stößt den Volkswagen-Granden der Erfolg der prachtvollen Tochter zunehmend sauer auf, weil sie freilich auch kräftig im eigenen Haus wildert und vornehmlich der Kernmarke Kunden abspenstig macht. Den landläufigen Spruch, dass eigentlich Skoda längst der wahre Volkswagen ist, hat man dort gründlich satt, aber gefallen lassen muss man ihn sich alleweil.
Ein ganz besonderer Stachel im Fleisch ist dabei der Skoda Octavia, das wichtigste Modell der Autobauer aus Mladá Boleslav. Schließlich passierte hierzulande etwas, was grundsätzlich nicht sein darf: Der Octavia lief 2019 und auch 2020 dem Golf als meistverkauftes Auto in Österreich den Rang ab, was einer Majestätsbeleidigung gleichkam.
Es ist an der Zeit, endgültig zu klären, was den Liebling der Österreicher so begehrenswert macht. Knapp ein Jahr auf der Straße, gibt es tüchtig Rückenwind von den Fachmedien, die der Octavia IV in nahezu allen Vergleichstest überzeugte. Auch Walter Röhrl protokolliert im ersten Test viel Schmeichelhaftes über den Skoda. Unser Cheftester sprach von „einer neuen Größenordnung“, er hält das Platzangebot für die größte Stärke der Neuauflage.
Für unsere „fact finding mission“ fiel die Wahl auf einen frontangetriebenen, 150 PS starken Octavia Combi TDI DSG in der Topausstattung Premium, wobei der Dauerläufer zusätzlich mit Assistenten und Leckerlis aufgefettet wurde, die das Leben im Octavia noch beschaulicher und sicherer machen sollen.
Nach der Warmlaufphase und fröhlichen 5800 Kilometern am Tacho lassen sich schon einmal ein paar Nettigkeiten sagen. Zum Beispiel, dass er – eingekleidet und klar gezeichnet vom steirischen Designer Karl Neuhold – eine ziemlich elegante Erscheinung ist. Dass er komfortabel, praktisch und wirtschaftlich ist. Das waren seine Vorgänger schon, aber nun hat man alles auf ein neues Niveau gehoben. Dazu ist der Octavia umso geräumiger, vernetzter, auch emotionaler.
Sofort aufgefallen ist uns natürlich das imposante Platzangebot für Mensch und Gepäck, das Plus zieht sich wie ein roter Faden durch den 4,6 Meter langen und 1,8 Meter breiten Combi, im Fond finden die Passagiere eine oberklassenverdächtige Beinfreiheit vor. Ordentlich Hand angelegt hat Skoda beim Interieur, das modische Armaturenbrett folgt dem Design der Octavia-Front, die Betätigung des zehn Zoll großen Touchscreens und der darunterliegenden Schalterleiste bedarf anfangs einiger Fingerfertigkeit. Ein Hit ist das griffige zweispeichige Multifunktionslenkrad.
Zu den erfrischenden Schmankerln zählen wie gewohnt die „Simply clever“-Lösungen. In den vorderen Türtaschen verstecken sich ein Regenschirm und ein Schneebesen, während sich in den Lehnen der Vordersitze eigene Smartphone-Fächer finden. Gescheit auch: das Schlafpaket mit Decke und Kopfstützen mit ausklappbaren seitlichen Bügeln, die ein feines Nickerchen möglich machen.
AdBlue lässt sich auch über die Lkw-Zapfpistolen bunkern, das lästige Hantieren an den Plastikkanistern entfällt. Eine gute Sache ist der integrierte Trichter im Verschlussdeckel des Scheibenwaschbehälters.
Der 150-PS-Selbstzünder schnurrt unaufgeregt vor sich hin und packt in allen Bereichen ordentlich an Verbrauch: auf den ersten Etappen im Schnitt fünf Liter, da darf man nicht klagen.
Die Fahrwerksabstimmung ist ohne Tadel. Weil wir uns aber schon im Schnee herumgetrieben haben, möchten wir festhalten: Als leidenschaftliche Verfechter von Allrad würden wir das Modell mit vier angetriebenen Rädern ordern (kostet knapp 3000 Euro mehr). So weit ein erster freundlicher Befund. Jetzt machen wir uns auf zur großen Reise.
Von Didi Hubmann