Unglaublich, wie viele Dacia Duster man sieht, wenn man als einer der letzten führerscheinlosen Österreicher seit H. C. Artmann selig selbst als Beifahrer in einem solchen sitzt. Wie nennt man so ein Phänomen? Keine Ahnung. Egal. Anno Citroen 2CV und VW Käfer hupte man sich ja noch heiteren Herzens an, wenn zum Beispiel südlich von Jesolo auf der Autostrada Villacher Kennzeichen Villacher Kennzeichen begegneten.
Auf dem Weg von Graz zu den Salzburger Festspielen hätten wir jedenfalls sakrisch oft hupen müssen. Der Dacia im Allgemeinen und der Dacia Duster im Speziellen sind nämlich absolute Lieblinge, nicht nur der Österreicher: 2019 gab es bei uns 3110 Neuzulassungen, und vorigen August wurde das Modell der rumänischen Renault-Tochter mit europaweit 19.451 verkauften Stück im Monat nur vom VW Golf überholt.
Verwöhnte mögen die Nase rümpfen, aber Puristen nehmen beim Dacia Duster sofort die feine Witterung auf. Così fan tutte? Nein, so wie Dacia machen es nicht alle. 2010 als echter Preisbrecher im Segment der Kompakt-SUVs ins Rennen geschickt, punktet auch die zweite Generation mit einem unschlagbaren Preis-Leistung-Verhältnis, weshalb es auch keine verhandelbaren Rabatte gibt.
Geblieben sind zum Beispiel Bedienungselemente ohne Schnickschnack und trotz knapper Abmessungen ein großzügiges Platzangebot für Mensch und Gepäck. Für Fahrerin und Fahrer ist das Multimedia-System mit Radio, Navigation, 360-Grad-Kamera & Co rasch erkundet. Fescher ist der Duster geworden und muskulöser.
Den Vorteil, sich nicht aus den Sitzen herauswurschteln zu müssen wie ein Hundertjähriger mit chronischem Bandscheibenvorfall, schätze ich mittlerweile doch sehr. Schon gar, weil ich mir zwischen Affenhitze und Schnürlregen an der Salzach am ersten Festivalwochenende tatsächlich batzig das Kreuz verriss.
Als zweitbester Beifahrer seit Christian Geistdörfer (ja, der von Walter Röhrl) weiß ich, wovon ich spreche. Der zweifache Rallye-Weltmeister Röhrl lobte die Marke Dacia übrigens bei einem Test für unsere Zeitung schon früh und sehr: „Dacia ist eine Perle im Renault-Konzern und eine einzige Erfolgsgeschichte: Zunehmend wird es schick, Dacia zu fahren – wer hätte das gedacht?“
Ja, wer hätte? Mit einer dieser Perlen – dem Duster Comfort Blue dci 115 4WD, wie unser Testmodell kurz und bündig heißt – rollten wir also munter nach Salzburg, wo im Sommer ja hauptsächlich schwarze Limousinen eines Hauptsponsors mit vier Ringen durch den Festspielbezirk kreuzen wie Schlachtschiffe. Mit unserem flinken blauen Aufklärungsboot fühlten wir uns dort aber auch wohl – speziell beim Einparken, bei dem der kompakte SUV ebenso Freude machte wie in engen Gassen und Parkgaragen.
Bei der Rückfahrt „sang“ der Duster auf der Autobahn übrigens ein bisschen, aber schließlich kamen wir ja von den Premieren von „Elektra“ und „Così“, also nahmen wir die Geräusche im Fahrzeuginneren als Nachhall eines musikalischen Wochenendes.
Zum Finale gab es dann noch eine ungeplante Geländeprüfung für unser Modell mit 4WD: Wir wagten uns die letzten paar Kilometer durch den Sturzregen unseres Lebens, im beginnenden Hagel, mit querliegenden Ästen auf den Wegen und ähnlichen Liebreizen. Wir umfuhren hurtigen Lenkradwirbelns Kanaldeckel, aus denen erdbraunes Wasser schoss, und die ansteigende Sackstraße hinauf nach Hause glich eher einem Wildbach in den 3000ern der Dolomiten als 8010 Graz. Augen zu und durch, sagten wir uns (also nur ich mir natürlich, der Co-Pilot).
Vor der Garage unbeschädigt angekommen, schlugen wir ein Kreuz. Und in der Garage hupte uns nach dem Einparken der Dacia zwei Mal an. Mep, mep! Erst dachte ich, vor lauter Freude, gut gelandet zu sein. Aber nein! Er erinnerte mich bloß: Ich hatte einfach vergessen, abzusperren. Danke, Duster!
Michael Tschida