Als Spätzünder kann man KTM – Europas größten Hersteller von motorisierten Zweirädern – nicht bezeichnen. Im Gegenteil: Mit der Elektro-Enduro Freeride-E präsentierte man schon 2014 ein erstes akkubetriebenes Motorrad. Bis heute verließen jedoch nur rund 4500 Einheiten die Werkshallen in Mattighofen. Aber man konnte aus diesem ersten Projekt lernen und präsentierte vor wenigen Tagen die neue E-Strategie des Unternehmens.

Wichtigste Erkenntnis laut KTM-Chef Stefan Pierer: Mit Hochvoltkonzepten lasse sich kein Geld verdienen, zu strikt (und damit teuer) seien die Sicherheitsvorgaben in der Produktion und später bei den Händler- und Werkstattbetrieben. Stattdessen will man künftig lieber kleinere Elektro-Brötchen backen, dafür in deutlich größerer Stückzahl.

Den Anfang machte 2020 die neue Sparte an Elektro-Fahrrädern, von denen Pierer „aus dem Stand“ 70.000 Stück verkaufen konnte. In Zukunft soll das Portfolio auf die Hausmarken R.Raymon, Husqvarna und GasGas aufgeteilt werden. Bis 2025 soll der jährliche Verkauf auf 330.000 Stück steigen, der Umsatz auf eine halbe Milliarde Euro.

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Der Kickscooter Husqvarna BLTZ
Der Kickscooter Husqvarna BLTZ © Husqvarna

Der nächste Streich heißt Husqvarna BLTZ und will ein neues Sicherheitslevel bei den beliebten Kickscootern erklimmen. Der 25 km/h schnelle City-Schnellverbinder soll im kommenden Jahr auf den Markt kommen, rund 40 Kilometer Reichweite bieten und trotz kompakter Abmessungen ein in dieser Liga bislang unbekanntes Maß an Fahrstabilität und Bremsperformance bieten.

Ebenfalls 2022 folgt der erste Elektro-Roller, der Husqvarna Vektorr (ja, mit rollendem r!): Der kleine Roller ist im Mopedsegment angesiedelt (45 km/h) und baut auf einer gemeinsam mit KTM-Anteilseigner Bajaj entwickelten Basis auf. In Indien gebaut soll er ein Helmstaufach, App-Connectivity, Smartkey, Rückwärtsgang sowie einen Aktionsradius von 60 Kilometern bieten. Die Akkus sind nicht herausnehmbar, dafür sei der Roller in zwei Stunden an jeder Steckdose geladen.

Der elektrische Husqvarna Vektorr startet 2022
Der elektrische Husqvarna Vektorr startet 2022 © Husqvarna

Die Speerspitze der künftigen Elektro-Modelle werden Motorräder und Roller im heutigen 125er-Segment (A1-Führerschein oder B mit Code111) darstellen. Diese Fahrzeuge entwickelt KTM hierzulande, deren Hochleistungsakkuzellen gemeinsam mit Varta. Ein frisch konstruierter E-Motor werde auch in Österreich gebaut, bestätigt Pierer.

Einen ersten Vorgeschmack auf das Geplante bietet das Husqvarna E-Pilen Concept, ein 14 PS starkes, leichtes Naked Bike. Der rund 5 kWh speichernde Akku sollte 65 bis 100 Kilometer Reichweite ermöglichen, das maximale Drehmoment von 42 Newtonmeter bringt mehr Fahrspaß, als man es in dieser Klasse kennt. Die ersten Produkte will KTM im Modelljahr 2023 lancieren.

Das Husqvarna E-Pilen Concept gibt Ausblick auf ein elektrisches Naked Bike
Das Husqvarna E-Pilen Concept gibt Ausblick auf ein elektrisches Naked Bike © Husqvarna

Für Stefan Pierer bieten die kleinen Roller- und Motorradklassen ein enormes Wachstumspotenzial: „In zehn Jahren werden mehr als die Hälfte der Roller und Motorräder bis 125 Kubik elektrisch angetrieben sein.“ Dementsprechend massiv fallen die Investitionen in die strombetriebene Zukunft aus: Über 150 Millionen Euro hat KTM im vergangenen Jahr aufgewendet, unter anderem für ein hauseigenes Kompetenzzentrum in Salzburg-Anif namens „KTM e-Technologies“.

Werden in Zukunft auch die Kernprodukte von KTM, große Motorräder, elektrisch angetrieben? Hier verfolgt KTM eine klare Strategie, die auf einem Branchen-Konsens beruht: „Große, schwere und teure Batterien werden für Sport- und Reisemotorräder keine Lösung sein. Die Industrie ist sich einig, dass die Zukunft von Motorrädern in E-Fuels liegt.“ Stefan Pierer setzt auf synthetische Kraftstoffe, die ressourcenschonend erzeugt werden können und dann als klimaneutral gelten.

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