Sapperlot, groß ist er geworden. In der vierten Generation hat der Gründungsvater der bayerischen X-Familie in alle Richtungen zugelegt, ist jetzt mächtige zwei Meter breit und streckt sich in der Länge auf imposante 4,92 Meter. Mit diesen Abmessungen ist der in Spartanburg gebaute BMW in den USA zwar immer noch guter Durchschnitt, doch hierzulande wird es innerstädtisch damit schon eng, vor allem in Parkgaragen, wo es dann ohne Assistenz mühsam wäre.
Von den Proportionen profitieren dagegen die Passagiere im Fond, der auf knapp drei Meter gewachsene Radstand macht optional sogar eine dritte Sitzreihe möglich, wenngleich dort eigentlich niemand sitzen möchte. Zugelegt hat auch das Gepäckabteil, das überhaupt mit einigen Überraschungen aufwartet. Wie die elektrische Rollo, die – wird sie nicht benötigt – auf Knopfdruck im Boden verschwindet. Über den Schlüssel lässt sich der Wagen um vier Zentimeter absenken und mildert die Plagerei beim Einladen von schwerer Fracht. Praktisch sind auch die rutschhemmenden Gummileisten, die sich erheben und das Gepäck sichern, wenn der Wagen wegrollt.
Jetzt aber: Wie fährt sich der neue X5, wie schlägt er sich auf der Straße, wie auf der Langstrecke, wie im Gelände? Zuallererst wird der deutlich erhöhte Komfort spürbar, das komplett überarbeitete Fahrwerk cruist souverän über Wellen und bügelt auch ruppige Kanten glatt. Die Fahrdynamik und Agilität ist dank der mitlenkenden Hinterräder erstaunlich, überhaupt hat man keine Sekunde das Gefühl, ein immerhin zwei Tonnen schweres Gefährt in der Hand zu haben. Erstmals übrigens ist der X5 gegen Aufpreis mit Luftfederung an beiden Achsen zu haben. Eine ziemlich feine und genussvolle Sache, selbst im Sportmodus auf langen Strecken wird der Allradler zum fliegenden Teppich.
Was der Neue im Vergleich zum Vorgänger besonders gut kann, zeigt er bei Bedarf abseits von befestigten Straßen. Mit dem Offroad-Paket hat der X5 jetzt die Lizenz zum Klettern. Ein robuster Unterboden, sechs Kameras, über 25 Zentimeter Bodenfreiheit, vier Fahrprogramme (Sand, Fels, Schotter, Schnee) und eine intelligente, vorausschauende Elektronik verleihen dem BMW Offroad-Qualitäten, die so manchem reinrassigen Geländewagen zur Ehre gereichen würden. Fakt ist: So kraxeln wie der neue Alleskönner konnte kein BMW zuvor.
Bei den Motoren kann man zum Start auf drei Sechszylinder-Triebwerke (ein Benziner, zwei Diesel) zugreifen, die jeweils mit einer perfekt abgestimmten und harmonisch arbeitenden Achtstufen-Automatik kombiniert sind. Wir probierten den Dreiliter-Benziner (40i) mit 340 PS, der zwar im unteren Drehzahlbereich nicht so munter ist wie der Dreiliter-Diesel (30d), aber freilich ein souveräner und geschmeidiger Kraftspender mit einem sonoren Sound ist. 2019 wird BMW einen Plug-in anbieten, der über eine Systemleistung von 394 PS verfügen wird und für eine elektrische Reichweite von bis zu 80 Kilometern gut sein soll.
Was gibt es aus dem digitalisierten Cockpit zu berichten? Das neue Bediensystem ist ein Festmahl, wenn man es intus hat. Die zwei jeweils 12,3 Zoll großen Displays, die nebeneinander angeordnet sind, animieren den Spieltrieb. Das Zentraldisplay ist, wie bei den Bayern gewohnt, dem Fahrer zugewandt. Das Control Display lässt sich über Touchscreen, Sprachbefehl oder Gestiksteuerung bedienen, die Vernetzung ist dank digitaler Services lückenlos.
Bei den Assistenzsystemen wurde noch einmal nachgeladen, da fährt BMW das volle Programm. Serienmäßig ist jetzt LED-Licht statt der Xenon-Scheinwerfer. Apropos Licht: Auch im Innenraum lässt es BMW funkeln, gegen Aufpreis können sich die Passagiere bei Dunkelheit von 15.000 LED-Leuchtpunkten im Panoramaglasdach anstrahlen lassen. Edel, aber entbehrlich. Wie die Glas-Applikationen am Gangwahlschalter oder am Audio-Bedienknopf – auch wenn das Kristallglas aus Tirol stammt.
Gerhard Nöhrer