Gäbe es ein Lehrbuch für die gezielte Lancierung automobiler Legenden, dann hätte Mercedes mit der Reinszenierung des Kult-Vierkants aus Graz ein großes Kapitel dazu beigetragen. Äußerlich ist der G ein G geblieben. Der archaische Türgriff inklusive Schließgeräusch, das sich anhört, als würde ein Gewehr durchrepetiert. Die aufgesetzten Blinker. Das Ersatzrad an der seitlich angeschlagenen Hecktür. Die wehrhafte Außenschutzleiste und der Angstgriff auf dem Armaturenbrett.

Alles da, was das Urgestein aus Graz seit 1979 begleitet - dennoch teilen sich der alte und der neue G nur drei Bauteile. Im Innenraum hingegen ist gar kein Stein auf dem anderen geblieben und das Widescreen-Cockpit kündet formatfüllend von der neuen Ära.

Weil ein G aber auch im Gelände immer seinen Mann stehen muss, hat er nach wie vor einen Leiterrahmen und ist mit Geländeuntersetzung sowie drei Differenzialsperren, anwählbar über die traditionellen Tasten mitten im Cockpit, gerüstet. Steilhänge, Schrägfahrten, Verschränkungen - das entlockt dem auf dem Schöckl gestählten Steirerbuben nicht einmal ein leises Hüsteln.

Optisch und auf losem Untergrund ist der G also ganz er selbst geblieben. Aber auf der Straße erkennt man ihn kaum wieder. Die Fahrdynamik zählte ja bisher nicht gerade zu den Stärken des G, aber das hat man ihm immer gerne verziehen, schließlich war er ja schon ein älterer Herr. Mit der Vorderachse mit Einzelradaufhängung und Doppelquerlenkern, während hinten eine Starrachse mit Fünf-Lenker-Aufhängung die Fahrbahn betreut, mausert er sich auch in diesem Revier zum kompetenten Ansprechpartner.

Die Lenkung hat jetzt erstmals in seiner langen Laufbahn echte Handschlagqualität und dass der G beim Sprung auf die zweite Generation 170 Kilogramm verloren hat, schadet an dieser Stelle auch nicht. Im Verbund mit dem 4-Liter-V8-Benziner (422 PS) erklimmt er Komfortgipfel, die man einer Geländelegende wie ihm nie zugetraut hätte.

Noch bevor sich der Reihensechszylinder-Diesel im Herbst dem Reigen der Motoren anschließt, hat Mercedes' schnelle Truppe aus Affalterbach den G auf AMG getrimmt. Der V8 stemmt unter diesem Vorzeichen 585 PS und ein maximales Drehmoment von 850 Newtonmetern. Der 2,5-Tonner fertigt den Standardsprint in 4,5 Sekunden ab und hat Luft bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 240 km/h. Unter martialischem Donnergrollen und gelegentlich einsetzendem Zwischengasgewitter.

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