Den Kunden in den USA muss er gefallen. Den legendären Flügeltürer 300 SL UND den erfolgreichen 190 SL ablösen. Ach ja, und eine Knautschzone an Front und Heck - damals noch ein Fremdwort - sollte er aus Sicherheitsgründen auch haben und auch andere Erkenntnisse der Forschung von Béla Barényi, dem Erfinder der passiven Sicherheit im Automobilbau, in sich aufnehmen. Keine kleinen Anforderungen an den neuen Mercedes SL - aber das Projekt stand unter einem guten Stern.
Bei so einer Dichte im Lastenheft kann man als Designer de facto einpacken. Aber die Stuttgarter Blechschneider unter der Leitung von Friedrich Geiger traten stattdessen die Flucht nach vorne an und knallten mit dem Entwurf für den W 113 ein Manifest an Eleganz und Sachlichkeit in 4,3 Metern Länge aufs Parkett, das beim Genfer Autosalon im März 1963 debütierte.
Der Hype um den 230 SL (es folgte 1966 der 250, 1968 schließlich der 280 SL) der mit 2,3 Liter großem Reihensechszylinder (150 PS) war riesig, für Irritationen sorgte lediglich das konkave Hardtop, das man statt oder zusätzlich zum Stoffverdeck ordern konnte.
Aus Gründen der Stabilität so gestaltet, musste Designer Paul Bracq, der die Beule selbst ganz furchtbar fand, den Technikern nachgeben. Aber sie bescherte dem Stern seinen wegen der Form, die an fernöstliche Tempelbauten erinnerten, den Spitznamen Pagode.
Und den behielt der W 113 auch bis zum Ende seiner Bauzeit im März 1971 und insgesamt 48.912 Exemplaren. Mehr als die Hälfte davon gingen in die USA. Den Kunden in den USA hat er also gefallen.
Von Karin Riess