Škodas Abgrenzung zu VW ist in den letzten Jahren verschwommen. Können Sie als neuer Škoda-Chef Herrn Diess überzeugen, den bisher erfolgreichen Weg weiterzugehen? Er hat ja gesagt, Škoda sei zu wenig aggressiv, die Konkurrenz sei in Südkorea und Frankreich zu finden.
THOMAS SCHÄFER: Das wurde falsch verstanden. Herr Diess meinte: Wenn es in einem Konzern eine Marke gibt, die angreifen kann, dann sind wir das in den Schwellenländern. Wir werden dafür unser existierendes Modellportfolio um Einstiegsvarianten ergänzen, etwa durch eine günstigere Basisvariante des Karoq. Das bedeutet jedoch nicht, dass Škoda zur Billigmarke wird. Wir hatten zuletzt nur keine Kapazitäten, um anzugreifen. Hierfür haben wir jedoch mittlerweile eine gute, langfristige Lösung gefunden.
Es heißt, Škoda sei heute der bessere Volkswagen.
Škoda ist gut positioniert, wir sind die, die mehr Raum haben, wir sind eine funktionale Marke, darin sind wir gut. Dass wir zu nah an Volkswagen sind, stimmt so nicht. Wir haben gesehen, dass es keine nennenswerten Kundenwanderungen zwischen den Marken gibt. Der Wettbewerb findet außerhalb der Konzernwelt statt und der Teich, in dem wir fischen, ist groß genug.
Worum geht es Herrn Diess dann?
Es geht darum, wie wir unsere Modelle zum Beispiel in Schwellenländern ausstatten und bauen.
Können Sie das an einem Beispiel festmachen?
Es ist zum Beispiel nicht sinnstiftend, in Indien einen Anlasser von einem Zulieferer zu verbauen, der in Europa produziert. Es geht darum, verschiedene Teile auch aus dem Produktionsland zu beziehen, auch um Währungsrisiken zu vermeiden. Oder dass wir die Technik besser an die Anforderungen der jeweiligen Länder anpassen.
Škoda ist in den letzten Jahren unheimlich gewachsen, hat sich am Markt etabliert, in Österreich gab es Rekordergebnisse. Wie schnell wird man sich vom Corona-Schock erholen?
Die Automobilindustrie wird nicht vor 2022 auf die Werte von 2019 kommen. Ab 2022/2023 werden wir wieder stärker in die Normalität gelangen. Wir haben trotz der Pandemie im vergangenen Jahr erneut weltweit über eine Million Fahrzeuge ausgeliefert. Damit war nach dem fünfwöchigen Produktionslockdown während der ersten Pandemiewelle im Frühjahr nicht unbedingt zu rechnen.
Bei welcher Stückzahl wird sich Škoda einpendeln?
Im Jahr 2019 produzierten wir 1,25 Millionen Fahrzeuge. Škoda hat das Potenzial, innerhalb dieser Dekade auf 1,4 bis 1,5 Millionen Autos zu kommen.
Eine Herausforderung wird die E-Mobilität sein, können Sie damit diese Ziele überhaupt schaffen? Die Elektro-Stückzahlen werden noch nicht so groß sein.
Wir kommen als Automobilindustrie ja aus einer anderen Technologiewelt. Sie müssen das Kundenerlebnis erst einmal darstellen, da tauchen Hunderte Fragen auf. Zum Schluss zählt nur, wie der Kunde das erlebt. Das ist zweifelsfrei eine große Herausforderung für das gesamte Team, die wir aber mit großer Leidenschaft annehmen. Wir werden Schritt für Schritt unser gesamtes Modellportfolio elektrifizieren. Klar ist jedoch: Unsere hochmodernen und effizienten Verbrennungsmotoren werden in den kommenden Jahren auch noch eine wichtige Rolle spielen.
Trotzdem kommen neue EU-Abgas-Vorgaben, die den Wandel beschleunigen.
Mit den Vorschriften kommen neue Herausforderungen. Ich kann jetzt nicht im Konzern sagen, ich brauche mehr Geld. Es geht letztlich darum, mit weniger Investment mehr zu machen. Škoda beweist ja immer wieder, dass es das kann. Wir sagen deshalb: Challenge accepted. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen.
Wo sehen Sie Škoda in zehn Jahren – und wann wird es ein neues kleines, elektrisches Stadtauto von Škoda geben?
Ich sehe die Marke deutlich elektrifizierter, auch erfolgreich in mehreren Weltregionen. Ein neues elektrisches Stadtauto werden wir in dem von Ihnen genannten Zeitraum auf jeden Fall bringen – und noch vieles mehr.
Von Didi Hubmann