Das Auftanken von E-Autos mit Strom wird an öffentlichen Ladestationen immer häufiger mit Kilowattstunden-Tarifen anstelle reiner Zeittarife möglich. Schrittweise werden die Stromtankstellen bis 2028 umgestellt - es sind noch eichrechtliche Fragen zu klären, so Andreas Reinhardt, Vorsitzender beim Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ).

Die elf BEÖ-Mitglieder, kommunale oder Landesenergieversorger, betreiben zwei Drittel der rund 9500 öffentlichen Ladepunkte, nämlich 6200, die von den Kunden vertraglich auch wechselseitig genutzt werden können. Dieses Netz an Stromtankstellen wächst ziemlich parallel mit dem Bestand an Elektroautos, so Reinhardt. Derzeit seien es 7,3 E-Autos pro öffentlicher Ladestelle. Österreich liege beim Hochfahren des Marktes etwa sieben Jahre hinter Norwegen, dem Land mit dem höchsten Wasserkraftstrom-Anteil in Europa.

Den Wunsch von E-Auto-Fahrern und -Fahrerinnen nach einer Abrechnung nach Leistung, also nach kWh, versteht man: "Es gibt ein klares Bekenntnis der BEÖ-Mitglieder, dass wir den Kundenwunsch nach kWh-Abrechnungen unterstützen wollen." Ein völliges Abgehen von einer Zeitkomponente hält man nicht für zielführend, weil dann mehr als heute Stromtankstellen als Parkmöglichkeit verwendet werden könnten. "Da fliegt dann jemand für mehrere Tage ins Ausland, stellt sein Auto am Flughafen bei einer E-Ladestation ab und spart sich 120 Euro Parkgebühr", so das Argument.

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Die neuen Geräte, die beim Ausbau des Netzes installiert werden, seien technisch gesehen alle eichrechtskonform - für die alten, die man nicht sofort über Bord werfen möchte, sondern erst zur zehnjährigen Abschreibungsdauer, spreche man mit dem Wirtschaftsministerium und dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen über eine Lösung. Denn bis dato seien von den BEÖ-Mitgliedern seit 2016/17 rund 150 Millionen Euro in den Aufbau des Netzes investiert worden.

Dass die Tarife selbst intransparent seien, wie dies Arbeiterkammer (AK), Autofahrerklubs oder der Energieregulator E-Control kritisiert haben, sieht der BEÖ-Vorsitzende nicht. Für die meisten E-Mobilisten sei der Tarif ohnedies klar, weil 90 Prozent und mehr daheim oder am Firmenparkplatz laden würden. Und bei dem kleinen Teil der Kunden, etwa ein Zehntel, die "öffentlich" tanken, habe wiederum nur ein geringer Teil keinen Vertrag mit einem Stromanbieter.

Wenn man mit einer Ladekarte bei einer der rund 6200 BEÖ-Ladepunkte Strom beziehe, wisse man im Verhältnis zu Benzin ziemlich genau, was ein Ladevorgang koste. Zudem blieben bei E-Abos die Stromkosten relativ konstant - bei der Linz AG etwa, bei der Reinhardt tätig ist, seien die Preise über die letzten drei Jahre konstant geblieben. "Das heißt sie wussten schon 2017, was sie 2020 bei einem 11-kW- oder einem 22-kW-Anschluss im Jahr 2020 bezahlen müssen."

Die Fragestellung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) bei ihrer vor kurzem angekündigten Untersuchung der E-Ladestationen-Branche, ob hier der Wettbewerb funktioniere, hält Reinhardt für "sehr berechtigt". "Wir sehen es als positiv, dass die BWB eine Branchenuntersuchung macht, das ist sinnvoll." Man könne tatsächlich eine sehr große Vielfalt und Bandbreite an Angeboten sehen. Manche würden den Fokus auf Hauptverkehrsrouten oder Abo-Systeme legen oder Preise nach anderen Gesichtspunkten wie etwa der Frequenz festlegen. Es gebe aber auch einige Gratisofferten: "Bei Lidl in Linz ist die E-Tankstelle immer zugeparkt", berichtet Reinhardt aus eigener Beobachtung.

Dass die Preise fürs Stromtanken vielfach stark auseinander klaffen, sei aber wohl auch "ein Indiz für einen entstehenden Markt", meint der BEÖ-Vertreter. Viele würden auf diesen Markt aufspringen, da bestehe natürlich die Gefahr, dass der Kunde etwas auf der Strecke bleibe. Reinhardt: "Wir unterstützen eine solche Branchenuntersuchung durch die BWB."

Bewegung ortet Reinhardt mittlerweile bei Wohnbauträgern, die bereit sind, ihren Wohnhäuserbestand mit E-Ladestationen nachzurüsten und diese nicht nur im Neubau vorsehen. Das sei nämlich "ein entscheidender Punkt für den Erfolg der Elektromobilität, weil nur ein Teil der Österreicher die Verfügung über die eigene Garage hat". Man komme jetzt in eine Marktphase, bei der es auch Richtung Mietwohnungsbestand in die Breite gehen könne.

Ein von der Linz AG mit dem Wohnbauträger Neue Heimat in der oberösterreichischen Landeshauptstadt von 2019 bis 2021 umgesetztes Projekt mit dem Namen "UrCharge" habe gezeigt, dass eine Nachrüstung technisch einfach sei - der Hausbestand dort sei elf Jahre alt. Die Teilnehmer hätten sich nicht gegenseitig den Strom ausgeknipst und trotz eingebautem Lastmanagement nichts von einer über die Nacht verteilten Leistung bemerkt. Die Mieter in 106 Wohnungen hätten für die Testphase von sechs Monaten 51 E-Autos erhalten, dafür aber ihren Benziner oder Diesel während dieser Zeit stehen lassen müssen.

Wien Energie, Energie Steiermark oder Energie Graz seien bereits mit Angeboten an Wohnbaugesellschaften herangetreten. "Auch auf uns kommen Wohnbauträger zu und wollen sich so etwas überlegen. Eine E-mobilitätsfitte Garage bereitzustellen ist ein Gebot der Zeit und ist nicht mit exorbitanten Kosten verbunden", betont Reinhardt. In rund der Hälfte der Fälle müssten bei einem nachträglichen Einbau nicht einmal die Hausanschlüsse verstärkt werden.