Den Anfang machten vor 40 Jahren die Japaner, dann folgten die Koreaner und es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die Chinesen Europa und den Rest der Welt mit ihren Autos fluten würden. Doch fast zwei Jahrzehnte lang blieb es bei Gerüchten und nebulösen Ankündigungen, sieht man von einigen patscherten Versuchen mit klapprigen Modellen ab, die in einem Desaster endeten. Noch heute erinnert man sich an die Bilder eines verheerenden Crashtests, als der China-Geländewagen Jiangling Landwind zerbröselte wie ein mürbes Lebkuchenhaus.
Im Reich der Mitte zog man die Lehren daraus. Eine Konsequenz war, dass sich die Chinesen nur noch auf den Heimmarkt und zunehmend auf das staatlich verordnete Elektroauto konzentrierten. Und klar war auch: Ein globaler Angriff würde nicht mehr mit einem Verbrenner, sondern ausschließlich über die Dose erfolgen. Denn auch wenn alle von Tesla reden, nimmt China seit Jahren eine Führungsrolle bei der E-Mobilität ein und verfügt über die beste Batterietechnologie und die wesentlichen Akkuhersteller.
Mit dem globalen Eintritt in das Zeitalter der Elektromobilität sehen die Chinesen nun ihre Zeit gekommen. Die ersten Schritte der Offensive auf europäischem Boden sollen heuer erfolgen. Den Feldzug starten will man vorzugsweise in Norwegen, wo Elektroautos wegen der großzügigen Förderungen am meisten boomen. Mehr als ein halbes Dutzend chinesischer Autobauer stehen jedenfalls in den Startlöchern: etwa Aiways, Nio, Byton, JAC, Great Wall, die Geely-Tochter Lynk & Co, aber ebenso der größte chinesische E-Auto-Anbieter BYD.
Auf dem Speiseplan stehen freilich die großen europäischen Märkte wie Deutschland und Frankreich. Aber auch Österreich, wo die im Besitz der chinesischen Saic-Gruppe stehende, einst britische Marke MG schon seit dem Vorjahr mit einem Elektro-SUV ihr Glück versucht. Seit 1. Jänner wird MG unter dem Dach der von Denzel gegründeten Asia Car Import Austria GmbH verkauft.
Dort hält der für die China-Sparte zuständige Vorstand Hansjörg Mayr Ausschau nach weiteren Marken: "Wir reden mit Great Wall und BYD“, bestätigt der Denzel-Manager, der an die chinesischen Stromer glaubt: "Unser MG hat fünf Sterne im NCAP-Crashtest, dazu gibt es sieben Jahre Garantie auf Auto und Batterie.“
„Die Elektroautos, die kommen, sind keine Billigautos, sondern auf Augenhöhe mit dem Wettbewerb, vor allem technologisch im Bereich der Batterie“, erklärt Mayr weiter. Mit JAC wird bereits eine weitere China-Marke in Österreich angeboten. Generalimporteur für das Fahrzeug, ein Elektro-SUV, ist Raiffeisen Lagerhaus.
Die Wettbewerbsfähigkeit stellt auch Magna-Europa- und -China-Präsident Günther Apfalter nicht infrage. „Noch haben die Chinesen einen Exotenstatus, aber die Produkte sind zunehmend ernsthaft.“ Nicht zuletzt durch das Know-how ihrer westlichen Joint-Venture-Partner, das sich die Chinesen zunutze machten. So hat Magna für die Baic-Gruppe ein Elektroauto entwickelt und fertigt den Wagen unter der Marke Arcfox für den Heimmarkt auch in Zhenjiang.
Schon wird diskutiert, ob das Elektro-SUV namens Alpha-T auch in Europa angeboten werden soll. „Der Wagen würde auch hier bestehen, da bin ich mir sicher“, so Apfalter, der den Elektroautos aus China eine gute Chance gibt. Es wird eine Frage des Vertriebs sein, ich rechne spätestens 2025 stark mit ihnen.“
Von Gerhard Nöhrer