Mamma mia, was waren das für Zeiten? Alfa Romeo, dieses obskure Objekt der Begierde, eine Diva der Automobilgeschichte, so schön anzusehen, so unberechenbar in ihrer ganzen Fragilität.
"Vom mythischen Tazio Nuvolari und Enzo Ferrari bis hin zur Legende von Nino Farina und Juan Manuel Fangio. Vom Sieg in der ersten Motorsport-Weltmeisterschaft mit dem P2 bis zur Eroberung der ersten Formel-1-Meisterschaft mit der Alfetta 158", kommentieren die Geschichte-Erzähler der italienischen Edelmarke auf der Homepage von Alfa Romeo euphorisch.
Am 24. Juni 1910 in Mailand gegründet, schrieb Alfa Mobilitätsgeschichte.
Man baute Flugzeugmotoren, Niki Lauda fuhr den legendären Brabham-Alfa Romeo BT46B, auch Staubsauger genannt, und sogar bis Hollywood reichte der Ruhm. Im legendären Filmklassiker „Die Reifeprüfung“ fuhr Dustin Hoffmann im Duetto Spider über die Leinwand.
An der Kippe
Unzählige Geschichten begleiten Alfa bis in die Neuzeit. Aber die Italiener formten aus der Geschichte keine Kapitel für die Gegenwart. Ankündigungspolitik statt echter Innovationen, ein paar Glanzlichter, wie 4 C oder 8 C wurden eingestreut, aber irgendwie irrlichterte Alfa seinem Ende entgegen. Die Modellpalette, zu dünn, die Verkäufe zu mager. Man stand an der Kippe.
Als dann Alfa-Mutter Fiat den PSA-Konzern (Peugeot, Citroën, DS) ehelichte, sahen viele das Ende der Traditionsmarke kommen.
Im Reich von Big Boss Carlos Tavares und Stellantis – so heißt das Mehrmarkenreich – haben Gefühle keinen Platz. Aber Hobbyrennfahrer und Zahlenmensch Tavares setzte seinen besten Mann an die Spitze von Alfa: Jean Philippe Imparato, der schon Peugeot wieder auf Vordermann gebracht hatte. Imparato, wissend um die Schwachstellen, legte gleich den Kurs fest: Qualität, Emotionen und Profitabilität, die Leitsterne des Projekts.
Spektakuläres Zeichen
Ein spektakuläres Zeichen setzte Imparato jetzt ausgerechnet im Alfa-Museum in Arese, mit der Neuauflage des als „schönsten Sportwagen aller Zeiten“ bezeichneten Alfa Romeo Stradale, von dem zwischen 1967 und 1969 lediglich zwölf Exemplare gebaut worden waren und für den bei Auktionen heute über 20 Millionen Euro gezahlt werden. Die Straßenversion des Tipo 33 wurde damals von Franco Scaglione gezeichnet, der kurioserweise zuvor Schneider gewesen war.
Italienischer Stil eben.
Die Formel 1 steht Spalier
Das Comeback, in Arese begleitet vom Alfa-F1-Team mit Valtteri Bottas an der Spitze und Formel-1-Chef Stefano Domenicali, ist einzigartig, weil es in Kooperation mit Alfa-Sammlern entstanden ist.
Beim letzten GP von Monza zeigte man den Sammlern erste Skizzen, jetzt, unmittelbar vor dem heurigen Rennwochenende, präsentierte man erstmals das Auto. Flügeltüren mit großen Glaseinsätzen wie beim originalen Stradale 33, keine Spoiler, reduziert auf das Wesen der Schönheit.
Ausverkauft
Die 33 Stück sind ausverkauft, die Glücklichen haben noch Zeit sich zwischen der Verbrenner- (V8-Biturbo, 630 PS, Achtgang-Doppelkupplung, unter drei Sekunden von 0 auf 100 km/h) und der Elektro-Version (750 PS, 800-Volt-Technologie, 450 km Reichweite, 0 auf 100 in 2,5 Sekunden) zu entscheiden.
Preise werden keine genannt, man bewegt sich im Millionenbereich. Jedes Stück ist eine Einzelanfertigung, zwei bis drei Autos werden pro Monat produziert.
Brückenschlag
Es ist der Anfang einer neuen Alfa-Ära, ein Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Moderne. Details, wie die Formensprache der Motorhaube des Alfa Romeo 33 Stradale, wird man an den künftigen Modellen wieder sehen.
Und es folgen neue Modelle: 2024 kommt ein neues kleines Einsteiger-SUV. 2024/2025 werden Giulia und Stelvio neu aufgelegt, die elektrische Giulia soll bis zu 1000 PS und drei E-Motoren haben.
Ab 2027 wagt man sich ins Revier der sportlichen Luxus-Liner, ein großes Elektro-SUV wird in diesem Jahr folgen. Und ab spätestens 2028 will man bereits voll elektrisch in der Modellpalette unterwegs sein.
Didi Hubmann