Für Covid-Zeiten hat das Bild Sensationswert. Auf der wichtigsten Consumer-Electronic-Show CES der Welt in Las Vegas erleuchtete ein Blitzlichtgewitter von dicht gedrängten Journalisten ein Auto, für das Magna-Steyr Pate stand: Sony stellte seinen zweiten Elektroauto-Prototypen ins Rampenlicht, samt Plänen für eine neue Mobilitätstochterfirma. Der erste Sony-Magna-Prototyp hatte mit Testfahrten in der Steiermark für Furore gesorgt, die neue Ausgabe ist ein ähnlich aussehender, aber höherer Kompakt-SUV (4,9 m/1,93 m/1,65 m L/B/H).
Die Sony-Aktie stieg nach den Ankündigungen um rund 4,5 Prozent und das deutet an, wie sehr der klassische Automarkt ins Wanken gerät. Das Auto als autonom fahrende Unterhaltungskiste soll die Zukunft bestimmen, deshalb genießen die großen Tech-Konzerne das Vertrauen der Kapitalmärkte.
Sie gelten als Treiber der Entwicklung, die alte Autowelt ist als Partner willkommen – aber nicht mehr. Apple arbeitet zum Beispiel genauso an einem Autoprojekt, von Magna bis Hyundai werden klassische Partnerfirmen genannt.
Der italienisch-französische Autobauer Stellantis (Citroën, Peugeot, Fiat, Alfa, DS etc.) und Amazon haben bekannt gegeben, dass sie eine Reihe von globalen, mehrjährigen Vereinbarungen getroffen haben, um vernetzte Autos zu entwickeln.
Die Daten, die Geschäftsmodelle, die an solchen Projekten hängen und die kommerzielle Verwertung dieser Ideen wird aber weiterhin eher den Hightech-Firmen aus Japan und dem Silicon Valley zugetraut. Nur ein Beispiel: Alleine mit Scheibenwischersensoren könnte man bei einer entsprechenden Anzahl von Fahrzeugen eine Schwarmintelligenz bilden und einen Echt-Zeit-Wetterdienst aufbauen.
Das Auto wird einerseits als Datenermittler gesehen und andererseits als zu bespielende Werbeplattform. Zum Beispiel auf dem sich wiederholenden Weg zur Arbeit, den sich das Auto „merkt“. Auf diesem Weg können Firmen gezielt Werbung einspielen – etwa Supermärkte für den Einkauf.
Apple und Sony stehen aber nicht alleine da. So präsentiert LG in Las Vegas die Vision für ein autonomes Fahrzeug. Das Robotaxi LG Omnipod soll als Unterhaltungskapsel oder mobiles Büro unterwegs sein können. Ähnliche Gedankenspiele gab es auch von Toyota. LG zeigt in Las Vegas übrigens ein Fahrzeug-Cockpit mit großen Displays. Damit will der Anbieter von Fernsehern in Konkurrenz mit etablierten Autozulieferern treten.
Der Autokonzern Hyundai wiederum will ins Robotor-Geschäft einsteigen und kaufte die US-Firma Boston Robotics, einen Pionier bei Robotern, die sich auf zwei oder vier Beinen bewegen können. Außerdem präsentierte der südkoreanische Konzern in Las Vegas ein Konzept für gläserne Mobilitätskapseln für jeweils eine Person. Sie sollen sowohl alleine auf der Straße unterwegs sein als auch in größere Fahrzeuge eingekoppelt werden können.
Der weltgrößte Landtechnikhersteller John Deere will unterdessen noch in diesem Jahr einen vollautonomen Traktor auf den Markt bringen. Der Traktor verfügt über sechs Stereokamerapaare, die eine Rundumsicht zur Erkennung von Hindernissen ermöglichen. Die Maschine könne aus der Ferne per Smartphone, Tablet oder vom PC aus überwacht werden.
Für die große Überraschung in Sachen E-Mobilität sorgte ein klassischer Autokonzern, nämlich Mercedes: Der Prototyp EQXX schafft laut Mercedes mit einem erstaunlich kompakten und leichteren Akku 1000 km Reichweite. Damit wäre man beim Verbrauch unter zehn Kilowattstunden auf 100 Kilometer – und eines der sparsamsten E-Autos überhaupt. Möglich gemacht wird diese Reichweite durch neue Batterietechniken und eine sensationelle Aerodynamik – derzeit ist das Auto aber lediglich ein Versuchsträger.
BMW hingegen hat sein neues Elektro-SUV iX in ein interessantes "Outfit" verpackt: eine spezielle Ummantelung, die ähnlich wie das E-Ink-Display eines E-Book-Readers funktioniert. Dadurch kann es zwischen den Farben Weiß und Dunkelgrau changieren. Andere Farben wären technisch auch möglich, aber aufwendiger umzusetzen.
Die maßgeschneiderte Karosserie-Verkleidung hat viele Millionen winzige Farbkapseln. Die weißen Farbpigmente sind negativ aufgeladen, die schwarzen positiv. Ja nach Einstellung können dadurch entweder weiße oder dunkle Partikel an die Oberfläche der Kapseln gebracht werden. Das Ergebnis ist ein fließender Wechsel der Farbe.
Solche Lösungen könnten laut BMW beim Energiesparen helfen: So könnte man ein Auto bei hohen Temperaturen weiß einfärben, damit es die Sonnenstrahlen reflektiert - und bei Kälte zu dunkleren Tönen wechseln, um mehr Wärme aufzunehmen.