2024, 2025, 2026. Bei Volkswagen soll in mittlerer Frist eine wichtige Weichenstellung auf die nächste folgen. Bisweilen scheint es für einige Beobachter aber, als gehe Deutschlands größter Industriekonzern erst viele Schritte voran - und dann teils wieder zurück.

Da ist einerseits der Start des neuen Flaggschiffs und "Tesla-Fighters" Artemis in drei Jahren. Dazu der Einsatz einer Standardbatterie aus eigenen Werken, dazu der angepeilte Netzausbau in Deutschland auf 18.000 Schnellladepunkte in vier Jahren. Etliche Projekte zum Hochlauf der E-Mobilität nicht eingerechnet.

Dann kommt andererseits das Jahr 2026 - und mit ihm der mögliche Start einer weiteren Generation von Verbrennermodellen. Zumindest laut aktueller Planung. Zwar will die absatzstärkste europäische Autogruppe die klassischen Reihen durch mehr Hybridvarianten ergänzen. Ein Datum für den Abschied von Benziner und Diesel nennt VW jedoch weiterhin nicht.

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Vorstandschef Herbert Diess setzt auf eine Steuerung über Angebot und Nachfrage. "In einigen Regionen werden Verbrenner noch länger als in anderen Regionen verkauft werden", erklärt er am Dienstag zur Jahresbilanz 2020. Nach seiner Vorstellung kommt der Wandel über den Markt und die Kunden. Obgleich sich auch VW nach verschärften Regeln der EU für den Klimaschutz richten muss, die gehörig Druck aufbauen: 2020 verfehlte der Konzern noch den zulässigen Wert, wenn auch knapp.

Der Pfad, der Wolfsburg vorschwebt, ist: langsames Auslaufen der alten Antriebe statt fixer Jahreszahlen. "Über die gesamte Zeitspanne werden wir das Geschäft mit Verbrennern optimieren, durch weniger Modelle, einen besseren Preismix und niedrigere Fixkosten", so Diess.

Bei aller Anerkennung für die unter seiner Regie forcierte Elektrostrategie mit Milliarden über Milliarden an Investitionen bleibt für Kritiker ein schaler Beigeschmack. Warum bekennt sich der Konzern, verantwortlich für ein Prozent der globalen CO2-Emissionen, nicht endlich zu einem konkreten Ziel für das Ende des Verbrenners?

Der VW-Chef verweist etwa darauf, dass gewinnträchtige SUV, Sportwagen und Limousinen zunächst noch nötig seien - genau deshalb, um den Umbruch in die rein elektrische Welt zu finanzieren. Zudem seien moderne Verbrenner um ein Vielfaches effizienter und weniger umweltschädlich als ihre Vorgänger aus Zeiten der Dieselkrise.

Dennoch: Was das fossile "Phasing out" angeht, sind andere weitaus entschlossener. Der langjährige US-Rivale General Motors, Volvo, Jaguar, BMWs Tochtermarke Mini oder für Europa der neue Partner Ford, dem VW seine E-Plattform zur Verfügung stellt, nannten entsprechende Ziele. Auch ganze Länder schwenken um. Norwegen will ab 2025 keine klassischen Verbrennerverkäufe mehr zulassen. Großbritannien, Schweden, Dänemark, die Niederlande und Belgien ab 2030, Frankreich ab 2040. Sogar das riesige Schwellenland Indien will mittelfristig raus.

Im Autoland Deutschland ist davon offiziell keine Rede - sehr zum Missfallen von Klimaschützern. Ohne die Folgen der Coronakrise wäre das Klimaziel 2020 wohl gerissen worden, schätzte das Umweltbundesamt am Dienstag. Marion Tiemann von Greenpeace sagt: "Die Wettbewerber von morgen sind US-Digitalkonzerne und chinesische E-Autobauer. Die stehen ohne den Ballast und das Risiko einer klimaschädlichen Technik aus dem vergangenen Jahrhundert in den Startlöchern."

Skeptiker fester Ausstiegsdaten halten dagegen, der Wandel lasse sich nicht gegen die Kunden durchboxen. Solange E-Autos vergleichsweise teuer seien, könnten sich derlei Appelle in Symbolpolitik erschöpfen.

Diess nennt einen weiteren Grund: "Der Wechsel zur E-Mobilität erfolgt weltweit unterschiedlich schnell, abhängig von der lokalen Gesetzgebung und der Verfügbarkeit von CO2-freier Primärenergie." Wo etwa Strom vorwiegend aus Kohle oder Öl produziert wird, sieht er keinen großen Sinn in der Umstellung auf reine Elektroantriebe.

Eine etappenweise Marktdurchdringung sei daher besser als der große regulatorische Knall. In Europa geht Diess zum Beispiel davon aus, bis 2030 auch so bis zu 60 Prozent aller VW-Verkäufe aus Elektroautos bestreiten zu können, weltweit dann vielleicht schon die Hälfte.

Einen Zwischenschritt kündigte die Oberklasse-Tochter Audi an. Chef Markus Duesmann sagte, man werde ab sofort keine Verbrennungsmotoren mehr neu entwickeln. Die bestehenden würden an die schärferen Regeln angepasst. Und auch aus Ingolstadt kommen weitere reine E-Modelle.

Der Konzern will das Thema außerdem mit eigenen Batteriezellwerken antreiben, bis 2030 soll ein Netz von sechs Standorten zur Selbstversorgung entstehen. Dafür gab es zum Wochenbeginn sogar ein eher seltenes Teil-Lob vonseiten der Grünen. "So werden Arbeitsplätze erhalten", sagte Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer - "nicht über die Beschwörung von unsinnigen synthetischen Kraftstoffen für den Verbrennermotor, wie man es aus dem Verkehrsministerium hört."

Auch Analysten wie NordLB-Autoexperte Frank Schwope finden die "dynamische" E-Offensive gut. "Allerdings ist die politische Realität in vielen Ländern schon längst so weit oder weiter. Möglicherweise darf man 2030 gar keine neuen Verbrenner mehr in Europa verkaufen."

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