Im Rennen mit Tesla treibt der Anführer der neuen Elite-Entwicklungseinheit bei Audi den Volkswagen-Konzern zur Eile. Bereits in vier Jahren sollen Fahrer des von der Audi-Tochter Artemis geplanten Spitzenmodells in Europa streckenweise das Steuer abgeben können, wie Artemis-Chef Alex Hitzinger in einem am Montag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters sagte.

"Wir streben hoch automatisiertes Fahren an", erläuterte der frühere Formel-1-Ingenieur. Auf der Branchenskala, die von Stufe null für Autos ohne Fahrassistenten bis Stufe fünf für autonom fahrende Wagen reicht, plane Audi deutliche Fortschritte. "Auf ausgewiesenen Autobahnabschnitten wollen wir Level vier anbieten. Ich rechne damit, dass wir das 2024 in Europa auf den Markt bringen können." Nach der Branchendefinition können Autos dieser Stufe selbst dann sicher fahren und anhalten, wenn der Fahrer auf Warnsignale nicht reagiert.

In Europa sind bisher nur Autos der Stufe zwei verbreitet, in denen Fahrer zwar von umfassenden Fahrassistenten unterstützt werden, aber selbst permanent die Kontrolle behalten. Die Stufe drei, bei der der Fahrer lediglich zum Eingreifen bereit sein muss, lassen die Hersteller gegenwärtig von ausgebildeten Testfahrern im Straßenverkehr erproben. Derartige Autos will Mercedes-Benz im kommenden Jahr auf den Markt bringen. Solange der Fahrer das Steuer aus der Hand gibt, sollen aber selbst diese Wagen maximal 60 Stundenkilometer schnell fahren können.

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In den USA, wo die Gesetze weniger streng sind als in Europa, bieten die Branchenpioniere Tesla und Waymo, eine Schwesterfirma von Google, in einzelnen Regionen höhere Automatisierungsstufen an - bis hin zu sogenannten Robotaxis, mit denen Passagiere völlig ohne Fahrer ans Ziel kommen. So weit will Audi noch nicht gehen, zumal in Europa noch ethische und rechtliche Fragen ungeklärt sind, etwa zur Verantwortung bei Unfällen. "Wir fangen nicht mit dem Robotaxi im Stadtverkehr an, sondern wir kommen vom Level zwei plus und tasten uns sukzessive hoch", sagte Hitzinger.

Artemis-Chef Alex Hitzinger
Artemis-Chef Alex Hitzinger © Volkswagen Nutzfahrzeuge AG (Volkswagen Nutzfahrzeuge)

Nach dem Willen des neuen Audi-Chefs und Volkswagen-Entwicklungsvorstands Markus Duesmann soll Hitzingers Eliteteam dafür sorgen, dass Europas größter Autokonzern seinen technologischen Rückstand gegenüber dem jungen Rivalen Tesla wettmacht. Die neue Konzerntochter, die nach der griechischen Jagdgöttin Artemis benannt ist, soll in einer Rekordzeit von vier Jahren ein neues Vorzeigemodell für den Volkswagen-Konzern entwickeln. Das geplante Audi-Elektroauto trägt Branchenkreisen zufolge den Arbeitstitel "Landjet". Obwohl Artemis sich auf die von Audi und Porsche entwickelte PPE-Elektroplattform stützt, ist Porsche zunächst außen vor, wie Hitzinger sagte. "Aber das zweite Modell wird ein Porsche sein."

Während allein am Volkswagen-Konzernsitz in Wolfsburg 10.000 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung arbeiten, baut Hitzinger eine kleine, schlagkräftige Einheit mit kurzen Entscheidungswegen auf. "Artemis hat den großen Vorteil, dass wir keine Vergangenheit mitschleppen und transformieren müssen. Den Vorteil hat Tesla ja auch", sagte Hitzinger.

"In der Artemis GmbH sollen am Ende 200 bis 250 Kollegen arbeiten", erläuterte der 49 Jahre alte Ingenieur, der früher Formel-1-Motoren unter anderem für Porsche baute und später bei Apple autonome Fahrzeuge entwickelte. Die neue Tochterfirma werde neben ihrer Zentrale am Audi-Stammsitz in Ingolstadt auch eine Niederlassung in München haben.

"Wir planen ein Gesamtkonzept, das Aerodynamik, äußeres Design und einen effizienten Elektroantrieb kombiniert", sagte Hitzinger. Er plant eine Arbeitsteilung zwischen seinen Leuten, der neuen Volkswagen-Organisation für Softwareentwicklung und den übrigen Konzernbereichen. "Die Artemis GmbH fokussiert sich auf Spitzentechnologien. Wir entwickeln neue Methoden und neue Instrumente, mit denen wir schneller und günstiger produzieren können", sagte der Manager.

"Wir wollen nicht das machen, was Audi schon sehr gut kann. Bei Artemis brauche ich keine Karosserie-Konstrukteure", erläuterte Hitzinger. "Die traditionellen Autohersteller haben sicherlich in einigen Bereichen Defizite. Sie haben aber auch definitiv ihre Stärken. Sie sind zum Beispiel sehr gut in der Produktion großer Stückzahlen."

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