Am 1. Jänner 2021 soll trotz Coronakrise wie geplant Stufe 1 der türkis-grünen Steuerreform starten, wie aus dem Umweltministerium bestätigt wird. Das soll neben dem Ende des Tanktourismus, der bisher dem Finanzminister jährlich hunderte Millionen Euro brachte, jedoch rund ein Viertel der Straßenverkehrsemissionen verursacht, auch Änderungen bei der Normverbrauchsabgabe, bei „Dienstwagenprivileg“ und Pendlerpauschale bringen. Genauere Angaben werden nach der Wien-Wahl erwartet.
Bereits die Vorgänger-Regierung ließ 2019 vom Umweltbundesamt Maßnahmen zur Verkehrsreduktion erarbeiten, um das damalige Klimaziel 2030 zu erreichen. Pkw erzeugen 61 Prozent der Straßenverkehrs- und 18 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Österreich. Bei Nichterfüllung drohten Österreich bereits damals Strafen in Milliardenhöhe. Zu den damaligen Vorschlägen zählten neben Steuererhöhungen eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit auf 80 km/h außerorts und bis zu 100 km/h auf Autobahnen für Pkw mit Verbrennungsmotor, nicht aber für emissionsfreie Autos, sowie Road Pricing auf allen Straßen ab 2025, die City-Maut etc.
Doch dies wird nicht reichen, wenn der neue Vorschlag der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angenommen wird. Er sieht vor, bis 2030 den Treibhausgasausstoß (CO2) um 55 statt wie bisher geplant um 40 Prozent zu senken. Für den Bereich, zu dem der Verkehr zählt, bedeutet dies laut EU für Österreich eine CO2-Reduktion um 61 Prozent gegenüber 2005, manche sprechen von 78 Prozent.
„Wenn die Erhöhungen wie geplant kommen, bedeutet das eine besondere Belastung für Pendler“, sagt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung. Der ÖAMTC rechnet 2030 mit einem Spritpreis von vier Euro pro Liter und einer mittleren Mehrbelastung pro Pkw von 1541 Euro; bei jährlichen Fahrleistungen ab 25.000 Kilometern von mehreren tausend Euro.
Die Maßnahmen sind stark von der Wiener Sicht geprägt, wo der öffentliche Verkehr sehr gut ausgebaut ist, so Wiesinger. Er kritisiert den Zeitdruck. Bereits 2030 dürften für das neue Klimaziel nur noch batterieelektrische und Brennstoffzellen-Neuwagen verkauft werden. Das wäre das Ende für Verbrennungsmotoren.
Laut Melanie Pichler, Wissenschaftlerin an der Universität für Bodenkultur, werde aber auch das nicht genügen. Studien legen nahe, „dass es Maßnahmen zum Zurückdrängen des Verkehrs braucht“. Wenn dies am Land nicht funktioniert, weil dort der öffentliche Verkehr so ausgedünnt ist, könnte man in Städten damit beginnen. Barcelona zeige mit dem Projekt „Superblock“, wie Stadtviertel autofrei werden.
Ob sich diese Maßnahmen entsprechend in der Umweltbilanz niederschlagen, hängt von der Stromerzeugung ab. Das Ziel der Regierung für 2030 lautet 100 Prozent grüner Strom. Bis 2040 muss Österreich aber seinen gesamten Energiebedarf CO2-neutral decken, um das selbst gesteckte Klimaziel zu erfüllen. Die EU sieht dies für 2050 vor. „Sündigt“ Österreich, muss es als Ausgleich CO2-Zertifikate von Staaten kaufen, die die Klimaziele übererfüllen. Das sind in der EU Staaten mit sehr hohem Atomstrom-Anteil.
Für die Autobranche seien die geplanten Maßnahmen „unter den aktuellen Bedingungen ein Wahnsinn“, sagt Günther Kerle, Sprecher der Automobilimporteure. Allein der Autoverkauf sinke heuer wegen der Coronakrise um rund 100.000 Pkw. Derzeit gebe es, so Kerle, die „Zusage der Regierung, dass es kein Verbot des Verbrennungsmotors geben wird“. In der Industrie befürchtet Kerle eine stärkere Abwanderung ins Ausland. Damit werden viele Jobs in der heimischen Zulieferbranche verloren gehen.
Maria Brandl