Nein, erfunden hat Audi den Allradantrieb nicht. Schon 1903 hatten die niederländischen Brüder Spijker auf dem Pariser Salon einen allradangetriebenen Wagen hergezeigt. Und auch den britischen Autobauer Jensen und die Japaner von Subaru darf man durchaus Pionierrollen zugestehen.
Tatsächlich aber machte erst Audi vor 40 Jahren den Allradantrieb salonfähig.Quattro wurde zum Synonym für 4x4. Mit der Erfindung heftete sich Audi den Vorsprung durch Technik auf die Firmenfahne. Der erste Allrad-Seriensportwagen entstaubte die Marke und brachte Audi auf eine ungeahnte Flughöhe.
Den Aufstieg ins automobile Oberhaus verdanken die Ingolstädter fraglos den Erfolgen in der Rallye-Weltmeisterschaft, die sich in den Achtzigerjahren als prachtvolle Werbebühne erwiesen hatte. Für Walter Röhrl, dem wesentlichen Protagonisten dieser Ära, war quattro „ein Lehrbeispiel dafür, wie man mit einem Produkt das Image einer Marke drehen kann“. Auch die Umsetzung der Technologie vom Rennsport in die Serie ist für Röhrl bis heute beispiellos: „Nie wieder wurden die Vorteile einer Entwicklung sichtbarer gemacht.“ Für den Bayern ist und bleibt quattro „die nachhaltigste Technologie von Audi, der Kern der Marke“.
Im Übrigen hält Röhrl unverändert jedes größere Auto ohne Allradantrieb für eine Fehlentwicklung. Gibt aber im selben Atemzug gerne zu, anfangs skeptisch gegenüber der Technik gewesen zu sein. Röhrl: „Ich hätte schon 1980 zu Audi sollen, aber mir fehlte das Vertrauen, die Verspannungen im Antriebsstrang gefielen mir nicht, ich hielt die Technik für nicht ausgereift.“ Röhrl sagte ab. Ein Fehler.
Drei Jahre später kam der zweifache Weltmeister doch an Bord. Die Audi-Jahre krönten seine Karriere. „Der Audi quattro hat alle beflügelt. Der Rallyesport war mit einem Schlag so populär wie die Formel 1. Nie zuvor gab es ein Rallyeauto, das von 0 auf 100 km/h in 2,7 Sekunden beschleunigte.“ Die PS-Zahlen explodierten im furchteinflößenden Audi S1 auf 650 PS. Das Youtube-Video von Röhrls Siegesfahrt auf den Pikes Peak hat Kultstatus.
Vom Ur-Quattro, der zunächst 200 PS leistete und die Basis für das Rallyeauto lieferte, wurden von Mitte 1980 bis 1991 exakt 11.452 Stück gebaut. 1984 hatte man mit dem 306 PS starken Sport quattro eine auf 200 Stück limitierte Kleinserie aufgelegt. Der Ur-Quattro gilt heute als beliebtes Sammlerstück, makellose Exemplare werden um rund 60.000 Euro gehandelt. Seit 1980 hat Audi 10,5 Millionen Autos mit quattro-Antrieb produziert.
Zum runden Geburtstag der Erfolgstechnologie wäre eine Reihe von Veranstaltungen geplant gewesen, den Höhepunkt hätte es beim Festival of Speed in Goodwood geben sollen. Alles abgesagt. In Zeiten von Corona sind auch vier angetriebenen Rädern Grenzen gesetzt.
Gerhard Nöhrer