Die Revolution. Die wichtigste Frage, wenn man einsteigt, lautet: Ist Volkswagen mit der Digitalisierung seines Cockpits zu weit gegangen? Nach den ersten beiden Tagen hinterm Lenkrad kann man sich nix anderes mehr vorstellen, jeder Golf vor dem 8er schaut unter diesem Blickwinkel ziemlich alt aus.

Volkswagen hat in dieser Innenraum-Revolution nicht den Fehler begangen, die Bedienung zu verkopfen und wie ein altes Windows-Programm aufzusetzen. Dort, wo etwa die Bedienung per Knopfdruck auf einen Touchsensor intelligenter ist, findet man an genau der richtigen Stelle ein kleines Touchfeld. Etwa, wenn es um die Fahrmodi geht. Die so genannten Touchslider - für Temperatur oder Lautstärke - sind durch ein einfaches Gleiten über die Touchfelder zu bedienen. Wenn man will, drückt man auch nur drauf, dann erfolgt die Temperaturauswahl etwa über Halb-Grad-Werte (20 auf 20,5 etc.).

Die Instrumente/der Touchscreen in der Mitte sind so einfach zu bedienen wie ein Handy. Auch die Hightech-Steuerung für das Bewegen des Panoramadachs ist simpel wie selbsterklärend - „In der Dachkonsole den Finger nach hinten oder vorne ziehen“, heißt es in der Beschreibung, einfacher geht‘s nicht. Das entspannt beim Fahren. Und: Die Sprachsteuerung ist zumindest auf dem Level der Autohersteller-Konkurrenz, reagiert auch auf Sätze („Mir ist kalt“, dann kann die Klima beim Fahrer/Beifahrer die Temperatur erhöhen).

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Cockpit im neuen Golf
Cockpit im neuen Golf © KK

Gespaltene Persönlichkeit. Selbst Volkswagen gibt zu: Man hat das Fahrwerk „weiterentwickelt“ und „perfektioniert“, die Basis war also bekannt. Dass sich trotzdem so unterschiedliche Fahrwerkseinstellungen realisieren lassen, mit denen der Golf seine Persönlichkeit ziemlich gut aufspalten kann, hat viel mit technischer Feinarbeit zu tun. Erst einmal gibt es unterschiedliche Hinterachsvarianten (Verbundlenker-/bis 110 kW, darüber Mehrlenkerhinterachse), zwei verschiedene Lenkungen (exzellent in Rückmeldung/Präzision) und eine Reihe von elektronischen Lösungen.

Darunter die fahrdynamische Co-Produktion von Fahrdynamik-Manager und der adaptiven Fahrwerksregelung. Aufgrund diverser Parameter (Lenken, Bremsen, Beschleunigen) werden etwa Karosseriebewegungen minimiert, jedes Rad kann einzeln in Sachen Dämpfung blitzschnell angesteuert werden. Die Fahr-Modi lassen sich auch deshalb erkennbar ausdifferenzieren, weil man die einzelnen Fahrparameter weiter als bisher gewohnt in Richtung Sport oder Komfort ausreizen kann, von soft bis hart. Ein großer Schritt. Auch hier schaut der alte Golf alt aus.

Exzellentes Fahrwerk
Exzellentes Fahrwerk © KK

Elektrisierend. Bei den Motoren kristallisieren sich mehrere Favoriten heraus. Wir würden die eTSI-Benziner nehmen, weil der Mild-Hybrid bei richtiger Fahrweise nicht nur leichte Verbrauchsvorteile bringt, sondern beim Anfahren etc. salopp formuliert Drehmoment nachschießt („boostet“) und so souveräner wirkt. In Verbindung mit dem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe funktioniert das gut eingespielt (auch Segelfunktionen sind möglich). Die sogenannten eTSI gibt es mit 110, 130 und 150 PS (unser Favorit zum Start). Wer zwischenzeitlich rein stromern möchte, wird auf die Plug-in-Hybride fokussieren (204 bzw. 245 PS). Vielfahrer werden dieseln (115, 150 PS). Mehrere Benziner und ein Erdgasmotor etc. sind in der Pipeline.

Neue Motorengeneration
Neue Motorengeneration © KK

Erhellende Momente. Regen, Nebel, Waldpassage mit Aquaplaning und Dreck auf der Straße: Unter solchen Bedingungen wie bei der ersten Testfahrt merkt man, wie wichtig gutes Licht ist. Auch hier setzt Volkswagen beim Golf 8 auf Differenzierung und Aufpreispolitik. Insgesamt finden sich drei unterschiedliche LED-Scheinwerferversionen, im lichtstärksten Toplevel wird Technik aus Touareg und Passat transferiert, der „IQ Light-LED-Matrixscheinwerfer“, verfügt über jeweils 22 LEDs pro Scheinwerfer, bis zu zehn Lichtfunktionen (Schlechtwetterlicht, dyn. Kurvenlicht, Teilfernlicht, Schilderentblendung etc.) werden auf die Straße gespielt. Das setzt schon Maßstäbe in der Kompaktklasse. Aber, wie gesagt: Es kostet auch mehr.

Lichtspiele beim Golf 8
Lichtspiele beim Golf 8 © KK

Wohlfühl-Faktor. Man sitzt exzellent vorne, auch hinten ist für 4,28 Meter Länge ausreichend Platz. Die klassischen Parameter zum Wohlfühlen passen. Wenn man technologisch aber so einen Sprung macht wie beim Golf 8, dann könnte man einige wenige Plastikeinsätze (etwa in der Tür) und einige Details im Innenraum ruhig mit höherwertigen Materialien ausstatten. Das haben wir schon bei der ersten Sitzprobe moniert.

Der Golf 8
Der Golf 8 © KK

Generation Online. Der neue Golf zeigt wohin die Autoindustrie geht - Funktionen werden zu Geschäftsmodellen, die man temporär einkaufen/nachrüsten/downloaden bzw. upgraden kann. Das Auto als eine Art Appshop. Auch wenn man erst am Anfang steht und Volkswagen vorsichtig mit dem Programm beginnt - es wird interessant zu beobachten sein wie die Kunden darauf reagieren.

Generationswechsel
Generationswechsel © KK

Sicher ist Sicher. Der "Travelassist" soll bis Tempo 210 funktionieren, wir waren zwischen 80 und 130 unterwegs - Distanzkontrolle und Spurhaltesystem arbeiten sehr vertraut zusammen, unterstützen den Fahrer, der aber seine Hände nicht länger als 15 Sekunden vom Lenkrad nehmen darf. Überraschend kommen manchmal einzelne kurze/schnelle/kleine Gegenlenkbewegungen, wenn der Fahrer aus der Spur zu fahren droht. Da ist man dann schnell wieder bei der Sache, gut für die Aufmerksamkeit. Weiters an Bord: Der Front Assist samt Radfahrererkennung, Ausweichunterstützung und dem Abbiegeassistenten etc. Auch hier muss man attestieren: für die Kompaktklasse top.

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