Der unverzichtbare Diesel war bei BMW ein Dogma - wenn man sich die Rückgänge in Steyr anschaut, muss man aber fragen: Wird aus dem Dogma ein Bumerang?
OLIVER ZIPSE: Im letzten Jahr haben wir in Steyr trotz der Rückgänge immer noch mehr Diesel- als Benzinmotoren produziert. Aus unserer Sicht ist die Talsohle jetzt erreicht. Wir sind auch nach wie vor der Meinung, dass wir die Dieseltechnologie noch viele Jahre brauchen werden. Die Dieselmotoren, die BMW anbietet, haben herausragende CO2-Werte und ein moderner Euro-6-Diesel erfüllt die anspruchsvollsten europäischen Grenzwerte. Wir geben also nicht nur eine klare Kaufempfehlung für den Diesel, sondern werden auch weiter daran arbeiten, diesen technologisch weiterzuentwickeln.
Auf die Diesel-Rückgänge folgte der Abbau von Leiharbeitern: Muss man sich Sorgen um das Motorenwerk in Steyr machen?
ZIPSE: Nein. Wir haben eine der insgesamt 24 Montage- und Fertigungslinien in Steyr von einem Drei- auf einen Zweischichtbetrieb umgestellt, weil wir es so effizienter betreiben können. Wir produzieren in Summe aber noch genauso viele Motoren wie vor der Umstellung, da wir gleichzeitig mehr Ottomotoren produzieren. Die Änderung der Beschäftigungszahl bei den Zeitarbeitskräften entspricht nicht einmal zwei Prozent unserer Gesamtbelegschaft. Das war also keine außergewöhnliche Maßnahme.
Sie waren mit Ihrer Elektro-Strategie Vorreiter, haben eine eigene i3-Plattform aufgebaut: Im Moment ist dieser Pioniergeist nicht mehr so stark erkennbar.
ZIPSE: Das sehen wir nicht so. Wir haben schon vor zehn Jahren entschieden, den BMW i3 und den i8 zu produzieren. Da haben wir Pionierarbeit geleistet, die wir nach wie vor vorantreiben. Der i3 verkauft sich seit seinem Marktstart in jedem Jahr besser.
Die Logik einer eigenen i3-Plattform verfolgen Sie aber heute nicht mehr?
ZIPSE: Auf der Komponentenseite treiben wir die Grundidee des i3 sogar noch weiter. Derzeit entwickeln wir bereits die fünfte Generation unseres elektrischen Antriebs. Wir werden künftig eine kompakte Einheit haben, in der das Zusammenspiel aus E-Motor, Getriebe, Leistungselektronik und dazugehöriger Batterie weiter optimiert ist. Das ist ein modularer Baukasten, der quasi wie ein Puzzle zusammengesetzt werden kann. So können wir jedes Modell je nach Marktnachfrage auch teil- oder vollelektrifizieren.
Damit gehen Sie einen anderen Weg im Vergleich zur Konkurrenz.
ZIPSE: Ich würde schon sagen, dass wir einen Schritt weiter sind. Es ist wichtig, flexibel auf die Marktnachfrage reagieren zu können. Wir können beobachten, wie sich Verbrenner, Hybride und Elektroautos am Markt entwickeln, ohne dass wir die Strukturen davon abhängig machen. Diese Flexibilität ist wettbewerbsentscheidend. Wenn wir nicht so flexibel gewesen wären, dann hätten wir auch nicht den Dieselrückgang in Steyr meistern können.
Der Markt ist im Umbruch, Sie bauen ein neues Werk in Ungarn - es gibt Vermutungen, dass es Auswirkungen auf die BMW-Produktion bei Magna haben könnte.
ZIPSE: Wir haben uns für das Werk in Ungarn entschieden, weil wir davon ausgehen, dass die BMW Group weltweit wächst, auch in Europa. Diese Entscheidung ist unabhängig von unserem Verhältnis zur Firma Magna. Wir sind gute Partner und für jeden Lebenszyklus eines Fahrzeugs gibt es neue Verhandlungen.
Didi Hubmann