McQueen steckt mitten in einer Lebenskrise. Er ist nicht mehr der Teufelskerl mit überdrehtem Ego, der vor elf Jahren in "Cars" davon träumte, der jüngste Renn-Champion zu werden. In "Cars 3: Evolution" drückt das Animationsstudio Pixar nun etwas auf die Bremse - und das ist gut so. Ab Donnerstag im Kino.
Im ersten Teil verschlug es Lightnin McQueen in das Wüstennest Radiator Springs, wo der rostige Abschleppwagen "Hook", Fiat "Luigi" und die heiße Porsche-Dame "Sally" zu seinen Freunden wurden. Der schnittige Sportwagen lernte seine Lektion, dass es unter der Motorhaube auf wahre Freundschaft und Vertrauen ankommt. 2011 war er dann der unschlagbare rote Turboflitzer, der in einem Grand Prix mit aufgemotzten Konkurrenten lautstark Gas gab. "Cars 2" hatte das Tempo eines Formel-1-Rennens, die Spannung eines James-Bond-Thrillers und damit weniger Platz für Herz und Nostalgie.
In "Cars 3" ist das nun anders. Bei der Fortsetzung der Story von sprechenden Autos steht die angeschlagene Gefühlswelt von McQueen im Rampenlicht. Der in die Jahre gekommene Rennwagen Nr. 95 wird von der jüngeren Generation kräftig in die Mangel genommen. Plötzlich ziehen Newcomer wie der schnittige Jackson Storm an ihm vorbei. Ein Zweikampf mit dem High-Tech-Junior endet für den Renn-Veteranen mit einem schlimmen Crash.
Zeit für den Ruhestand? Oder kann die junge, peppige Renntrainerin Cruz Ramirez - ein knallgelber Flitzer - den lädierten Veteranen aus der Reserve locken? Lässt sich Lightning McQueen auf den High-Tech-Simulator ein, oder ist das computergesteuerte Training zu neumodisch?
Regisseur Brian Fee, der mit "Cars 3" bei Pixar sein Regiedebüt gibt, ließ sich von seinen beiden Töchtern inspirieren. "Cruz war anfangs nicht weiblich", verrät er im Gespräch mit der dpa. Doch dann hätte er schon bei seinen acht und elf Jahre alten Töchtern sehr geschlechtsspezifische Vorstellungen entdeckt. "Solche Rollenklischees wollte ich gerne durchbrechen." Und so wurde aus einem männlichen Renntechniker die Tempo-begeisterte Latina, die nicht nur Lightning McQueen die (Scheinwerfer)-Augen öffnet, sondern auch ihre eigene PS-Stärken erkennt.
Zwischen rasanten Fahrten auf der Rennstrecke gibt es Gespräche mit Tiefgang über Ängste, Unsicherheiten und unerfüllte Träume. Neben der Gefühlswelt kommt aber auch Action nicht zu kurz. Ein Demolition Derby "Die verrückte Acht" mit völlig schrägen Stockcars zählt mit zu den besten Animationsszenen überhaupt. Da kracht Blech auf Blech und spritzt der Schlamm, wie man es realistischer kaum zeigen könnte.
"Cars 3" ist nicht nur spaßige Hollywoodfantasie. Das Pixar-Team ist für seine aufwendigen Recherchen berühmt. Diesmal trafen sich die Trickkünstler mit alten Rennfahrern, wie den 86 Jahre alten Junior Johnson, der in den 1950er- und 1960er-Jahren zig NASCAR-Rennen gewann. In einer Szene stoßen Lightning McQueen und Cruz Ramirez in einer verstaubten Bar auf eine Gruppe von Rennlegenden, die von den alten Wettbewerben schwärmen. Die 1916 geborene US-Rennfahrerin Louise Smith wird in dem Film zu einem sprechenden Oldtimer Marke Nash Ambassador, Baujahr 1950.
Regisseur Brian Fee, der zuvor als Storyboard-Künstler und Animator bei Pixar-Hits wie "WALL·E - Der Letzte räumt die Erde auf" und "Alles steht Kopf" mitwirkte, hat sich mit Hirn und Herz auf die sprechenden Blechkisten eingelassen. "Es macht eigentlich keinen Unterschied, ob es ein Auto, ein Monster, ein Fisch oder ein Mensch ist, solange man mit den Figuren mitfühlen kann", meint Fee. "Es wäre das größte Kompliment, wenn mir ein Zuschauer sagt, dass er gar keine Autos, sondern nur Charaktere sieht."
Dieses Lob haben die Macher von "Cars 3: Evolution" sicherlich verdient. Und sie haben das Ende der Geschichte so angelegt, dass eine Fortsetzung durchaus denkbar ist. "Cars 4" ist offiziell nicht angekündigt, aber sicher sind Lightning McQueen und Cruz Ramirez noch nicht reif für den Schrottplatz.
Barbara Munker/dpa