Im Machtkampf um die Spitze von Volkswagen dürfte es in dieser Woche noch zu einem entscheidenden Treffen im kleinen Kreis des Aufsichtsrats kommen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass das Aufsichtsratspräsidium n den nächsten 48 Stunden zusammentrete, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen zu Reuters. "Es ist relativ realistisch, dass es das Treffen morgen gibt", erklärte ein Insider.

Sicher sei es aber noch nicht. "Es gibt Bestrebungen, die Situation schnell zu klären", ergänzte ein anderer.

Aufsichtsratschef Ferdinand Piech hat vergangene Woche durch seinen überraschenden öffentlichen Bruch mit Vorstandschef Martin Winterkorn den Autokonzern in eine schwere Führungskrise gestürzt. Die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat stellten sich spontan hinter Winterkorn. Auch das an VW beteiligte Land Niedersachsen und die mit dem 77-jährigen Firmenpatriarchen verwandte Porsche-Familie äußerten sich ablehnend über Piechs Volte.

Wer unterstützt wen?

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Dem Präsidium gehört für die Eignerseite neben Piech und seinem Cousin Wolfgang Porsche auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil an. Für die Arbeitnehmer sitzen Betriebsratschef Bernd Osterloh, dessen Stellvertreter Stephan Wolf und der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber in dem Gremium, das die Sitzungen des Aufsichtsrates vorbereitet. Die Arbeitnehmer unterstützen den 67-jährigen Konzernchef, der seit seinem Antritt 2007 Europas größten Autobauer weit nach vorne gebracht hat, nach wie vor geschlossen, hieß es aus deren Lager. Zusammen mit dem Land mühen sie sich seit Tagen darum, die Auseinandersetzung mit Piech in geordnete Bahnen zu lenken. Die Staatskanzlei in Hannover, der VW-Betriebsrat und die IG Metall gaben zu dem Treffen keine Auskunft.

Piech hat im Aufsichtsrat zuletzt immer schärfer die schon lange bekannten Schwachstellen von VW kritisiert, wie es in Unternehmenskreisen hieß. Vor allem das lahmende Geschäft in den USA habe den Chefkontrolleur sehr frustriert. Aber auch die schon lange schmorenden Pläne für ein Billigauto und die Modellstrategie für Brasilien hätten den Enkel des VW-Käfer-Erfinders Ferdinand Porsche genervt. Am Freitag erklärte er im "Spiegel", er sei auf Distanz zu Winterkorn.

Kritik aus Katar

Der drittgrößte VW-Aktionär, der Staatsfonds des Emirats Katar, äußerte sich nach einem Bericht des "Handelsblatts" ebenfalls befremdet über Piechs abruptes Vorgehen. "Beim amtierenden Vorstandschef Martin Winterkorn auf Distanz zu gehen, ohne eine mit dem Aufsichtsrat abgestimmte Alternative präsentieren zu können, ist nicht im Sinne von QIA", schrieb das Blatt unter Berufung auf Kreise des Fonds. Allerdings beurteilt die Qatar Investment Authority (QIA), die 17 Prozent der VW-Stammaktien hält, Winterkorns Aussichten als Firmenchef kritisch. Für den Großaktionär stehe fest, dass Winterkorn nur schwer zu halten sein werde, nachdem er bei Aufsichtsratschef Ferdinand Piech "in Ungnade gefallen sei". Eine Lösung hänge davon ab, wen der Aufsichtsratschef als neuen Vorstandschef und als seinen Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrats präsentieren wolle. "Alles hängt vom Gesamtpaket ab", hieß es demnach von QIA. Der Staatsfonds wollte dazu keinen Kommentar abgeben.

Sollte Winterkorn in dem Streit unterliegen und abtreten, wird sich zeigen, ob Piech schon jetzt einen Nachfolgekandidaten auserwählt hat. Analysten und Insider tippen zum Beispiel auf Porsche-Chef Matthias Müller. Aber auch andere Manager werden als Kandidaten betrachtet.