Nein, eine Überraschung war das Ergebnis nicht. Zwar hatte ich nicht mit einem so souveränen Zieleinlauf gerechnet, aber dass der Fiat 500 heuer das Rennen machen sollte, lag seit Sommer in der Luft. Der Sieg war vorprogrammiert: Perfekt, wie die Italiener die Wiedergeburt des legendären Cinquecento zelebriert und einen regelrechten Hype um die Kult-Kiste entfacht haben. Soviel Sympathie im Vorfeld ist kaum noch einem Auto zuteil worden.
Mehr Herz. Keine Frage: Der Fiat 500 ist auch das richtige Auto zur richtigen Zeit. Er ist pures Vitamin für die Italo-Marke, die nach düsteren Jahren wieder in der automobilen Champions League mitspielt. Der kleine Fiat zeigt das Herz von Fiat und trifft offensichtlich nicht nur den Buch der Nostalgie-Freaks, die der putzige Straßenfeger entzückt. Gratulation also an Fiat für die stilsichere Neuinterpretation - besser kann man es nicht machen.
Mehr Auto. Würde ich in der Jury sitzen, hätte ich dennoch anders abgestimmt. Abgesehen davon, dass ich den neuen Volkswagen Tiguan für die stärkste Neuerscheinung des Jahres halte, hätte ich mich - weil der Kompakt-SUV auf Grund der späten Markteinführung nicht mehr in das Kandidatenfeld gerutscht war - für den Zweitplazierten Mazda2 entschieden. Ich traf dieses Urteil, nachdem ich mich mit den Finalisten eingehend beschäftigt hatte.
Mehr Spielzeug. Die Begründung fällt mir nicht schwer und lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Der Fiat ist ein Kultobjekt, der Mazda2 ein Auto. Da mehr Spielzeug, dort mehr Auto - und da ich bei solchen Entscheidungen ein sehr rational denkender Mensch bin, sage ich: Vernunft schlägt Herz im Elfmeterschießen.
Erwachsener. Freilich ist der Mazda2 erwachsener und ein gutes Stück länger als der Cinquecento, der in der Kleinstwagen-Liga antritt und dort um Welten die bessere Wahl ist als ein Smart. Man darf also nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, und doch sind sich die beiden näher als man glaubt. Was nicht für das Design gilt: Hier geht die italienische Knutschkugel sofort mit 1:0 in Führung. Die geschickt eingesetzten Retro-Zitate erzeugen in Verbindung mit einer flotten Grafik ein hohe Aufmerksamkeit, während sich nach dem keineswegs faden Mazda2 kaum jemand umdreht. Auch im Cockpit zeigt Fiat ein gekonntes Spiel mit Retro-Elementen und freundlichen Leihgaben aus der Pop-Kultur. Bei soviel Frische und Buntheit kann der Mazda nicht mit.
WALTER RÖHRL