Der Europäische Gerichtshof hat das deutsche Volkswagen-Gesetz gekippt: Das höchste EU-Gericht in Luxemburg erklärte das Gesetz aus dem Jahre 1960 am Dienstag in allen entscheidenden Punkten für rechtswidrig. Es behindere den in der EU garantierten freien Kapitalverkehr. Deutschland muss das Gesetz nun ändern oder abschaffen. Damit entfallen künftig alle Sonderrechte für das Land Niedersachsen bei VW.

Bald Machtübernahme? Der Sportwagenhersteller Porsche könnte damit die Mehrheit beim größten europäischen Autobauer übernehmen und auch ausüben. Bisher waren die Stimmrechte der VW-Aktionäre auf 20 Prozent beschränkt. Dies sei ebenso wie andere Sonderregelungen, die bei der Privatisierung von VW im Jahr 1960 festgelegt worden waren, nicht mit EU-Recht vereinbar, urteilten die Luxemburger Richter und gaben damit einer Klage der Europäischen Kommission statt.

Niedersachsen dominierte. "Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Beibehaltung der Bestimmungen des VW-Gesetzes über die Begrenzung des Stimmrechtes auf 20 Prozent, über die Festlegung der Sperrminorität auf 20 Prozent und über das Recht des Bundes und des Landes Niedersachsen, je zwei Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden, gegen ihre Verpflichtungen verstoßen", heißt es in der Erklärung der Richter. Alle fraglichen Bestimmungen könnten eine abschreckende Wirkung auf Investoren bei VW haben. Die Sonderrechte verhalfen Niedersachsen in den vergangenen fünf Jahrzehnten zur dominierenden Stellung bei VW.

Porsche erfreut. Ein Porsche-Sprecher zeigte sich erfreut. "Wir begrüßen die Entscheidung", sagte er in Luxemburg. Dass Niedersachsen als Anteilseigner weiterhin im Aufsichtsrat von VW vertreten sei, werde von Porsche akzeptiert. Branchenexperten gehen aber davon aus, dass der Porsche-Anteils auf über 50 Prozent erhöht wird. Gerechnet wird damit in den nächsten Monaten, spätestens nach den Landtagswahlen im Jänner 2008. Mit einem Stimmrechtsanteil von knapp über 30 Prozent an Volkswagen sind wir natürlich sehr daran interessiert, unsere Stimmrechte auch voll ausüben zu können", erklärte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.

Zweitgrößter VW-Eigner. Die Entscheidung der Richter gegen das VW-Gesetz war erwartet worden. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), erklärte, die Gerichtsentscheidung sei zu akzeptieren. Das Land werde seinen Anteil von derzeit gut 20 Prozent halten. Eine Aufstockung ist nach bisherigen Angaben nicht geplant.