Riesiges Medieninteresse im EU-Parlament rief die Neugründung einer rechten Fraktion hervor – dabei sind die „Patrioten für Europa“, vor einer Woche in Wien aus der Taufe gehoben, im Grunde die bisherige Fraktion ID (Identität und Demokratie) plus eine Gruppe von Neuzugängen. Die Fidesz von Ungarns Viktor Orbán hat damit nach dem Hinauswurf von der EVP wieder eine neue Heimat gefunden, größte Gruppe bilden, wie erwartet, die 30 Abgeordneten des französischen Rassemblement National von Marine Le Pen. Sie stellen mit Jordan Bardella auch gleich den Fraktionsvorsitzenden, in der Schar der Vizepräsidenten findet sich auch FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky.

Die neue Fraktion kommt somit auf 84 Mandate und liegt damit nach EVP und S&D auf Platz drei, wo sich bisher die EKR mit Hauptakteurin Georgia Meloni befunden hat. Mit dabei sind neben einzelnen Abgeordneten die Lega von Italiens Vizepremier Matteo Salvini, die spanische ultrakonservative Partei Vox, die niederländische Freiheitspartei von Geert Wilders, die Dänische Volkspartei, die portugiesische Chega und der belgische Vlaams Belang. Eine breit gestreute Gruppe, in der es unterschiedliche Zugänge zu wichtigen Themen, etwa der Unterstützung der Ukraine, gibt. Die deutsche AfD, von Le Pen vor Kurzem aus der ID geworfen, ist auch im neuen Bündnis nicht dabei.

Der neue Name anstelle des alten sei aus Marketinggründen und zum Zeichen des Neuaufbruchs entstanden, sagte Vilimsky nach der Präsentation vor Journalisten. An den Themen hat sich nichts geändert; Vilimsky führte die Eindämmung der illegalen Migration, ein Abspecken der EU und Ähnliches an. So wie bisher dürften die Rechten im EU-Parlament durch eine „Brandmauer“ von wichtigen Funktionen, etwa eines Vizepräsidenten, ausgesperrt bleiben. Vilimsky: „Die anderen werden das weiter so machen und sich demokratiepolitisch ins Unrecht setzen, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.“

Die Reaktionen aus anderen Lagern fielen eindeutig aus. SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder: „Das neue rechte Bündnis im Europäischen Parlament ist nicht mehr als alter Wein in neuen Schläuchen. Der Name mag zwar ein neuer sein, die antieuropäischen und demokratiefeindlichen Ideen bleiben gleich.“ Thomas Waitz (Grüne): „Jetzt mehr denn je, brauchen wir den Cordon sanitaire aller pro-demokratischen Fraktionen: keine Spitzenpositionen für Antieuropäer und keine Zusammenarbeit in der legislativen Arbeit im Europäischen Parlament.“ Und Parteikollegin Lena Schilling legte nach: „Diese neue rechtsextreme Allianz von Europafeinden hat ein klares Ziel: Unsere gemeinsame europäische Zukunft zerstören.“ Die FPÖ zeige, dass sie „der Dreh- und Angelpunkt der europäischen Rechtsextremen ist“. ÖVP-Delegationsleiter Reinhold Lopatka nennt die neue Fraktion in einer Aussendung „die Komplizen des Kriegstreibers Putin in Europa“ und erwartet sich von ihnen keine produktive Arbeit im EU-Parlament. „Die selbsternannten Patrioten Europas sind nicht an der Weiterentwicklung der EU interessiert, sondern einzig und allein an ihrer Schwächung“, so Lopatka.

Für FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl indessen ist der Grundstein für eine „patriotische Erfolgsgeschichte“ gelegt: „Wir brauchen eine Rückkehr zur Vereinigung souveräner Länder. Der Zusammenschluss der ‚Patrioten für Europa‘ ist ein erster Schritt für diese notwendige Kurskorrektur.“