Nach seinem schwachen Auftritt bei der ersten TV-Debatte vor der Präsidentschaftswahl hat die „New York Times“ US-Präsident Joe Biden in ihrem Leitartikel zum Rückzug seiner Kandidatur aufgefordert. Um dem Land zu dienen, müsse der 81-Jährige das Rennen um eine weitere Amtszeit verlassen, schrieb das sogenannte Editorial Board, eine Gruppe von Meinungsjournalisten, die von der Redaktion getrennt arbeitet, am Freitag.
Weiter heißt es, Biden sei „der Schatten eines großen Staatsdieners“. Die Debatte zwischen dem Präsidenten und seinem Herausforderer Donald Trump habe gezeigt, dass Biden „seinen eigenen Test nicht bestanden hat“. Im Editorial Board sind einige renommierte Meinungsjournalisten vertreten, das Gremium soll die Werte der „New York Times“ repräsentieren.
Die wichtigsten Stationen im Leben von Joe Biden
Bidens größter Dienst wäre nun, nicht mehr anzutreten
Biden sei ein bewundernswerter Präsident gewesen, schrieben die Journalisten in dem Meinungsbeitrag. „Unter seiner Führung ist die Nation aufgeblüht und hat begonnen, sich einer Reihe von langfristigen Herausforderungen zu stellen.“ Auch die durch seinen republikanischen Vorgänger Trump „aufgerissenen Wunden haben begonnen, sich zu schließen“. Der größte Dienst, den Biden nun leisten könne, „wäre die Ankündigung, dass er bei der Wahl nicht mehr antreten wird“, hieß es weiter.
Biden – mit seinen 81 Jahren der älteste Präsident der US-Geschichte – hatte bei der TV-Debatte im Sender CNN am Donnerstagabend mit heiserer Stimme gesprochen und sich wiederholt in seinen Formulierungen verheddert. Zudem ließ er Sätze unbeendet und kam ins Stottern. Der 78-jährige Trump wirkte sehr viel energischer und konzentrierter.
Eine CNN-Umfrage ergab, dass 67 Prozent der Zuschauer in Trump den Gewinner des Duells sahen. Der Ausgang der Debatte löste bei den US-Demokraten Beunruhigung aus. Biden selbst wies Zweifel an seiner Eignung für eine weitere Amtszeit zurück. „Ich gehe nicht mehr so locker wie früher, ich spreche nicht mehr so flüssig wie früher, ich debattiere nicht mehr so gut wie früher, aber ich weiß, wie man die Wahrheit sagt“, sagte er bei einem Wahlkampfauftritt im Bundesstaat North Carolina.