Vor Jahren haben Sie klug in Immobilien investiert, oder Sie möchten Ihre Wohnsituation ändern? Nun scheint der richtige Moment gekommen zu sein, um Ihre Immobilie gewinnbringend zu verkaufen. Corona und der aktuelle Krieg in der Ukraine haben dem Immobilienmarkt einen starken Aufwind verschafft. Stabilität und Sicherheit sind heute gefragter denn je – und der Besitz einer Immobilie kann beides in hohem Ausmaß bieten. Die Nachfrage ist derzeit so groß, dass wahrhaftig von einem Run aufs Betongold die Rede sein kann. Wenn Sie die Gunst der Stunde nutzen möchten, sollten Sie jedoch nicht unüberlegt handeln. Gerade in rechtlicher Hinsicht lauert die eine oder andere Tücke, bei der oftmals nur Rechtsprofis helfen können:

1. Verbindlichkeiten, schon vor dem Kaufvertrag

Schon vor der gemeinsamen Unterzeichnung des Kaufvertrags kann ein rechtsgültiger Vertrag zustande kommen. Dass nur ein schriftlicher Vertrag rechtswirksam sei, ist leider ein gängiger Irrglaube, der fatale Folgen haben kann, wie Gabriele Krenn, Präsidentin der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, aufmerksam macht. „Tatsächlich ist ein beglaubigter schriftlicher Kaufvertrag nur aus Formvorschriften für die Grundbuchseintragung nötig. Kaufen kann man aber auch schon dadurch, dass ein Kaufangebot gestellt wird und der Verkäufer dieses annimmt. Ein Rücktritt des Käufers vom Kaufangebot ist dann nur mehr mit Zustimmung des Verkäufers möglich. Verweigert er diese, kann er den Käufer auf die Unterfertigung des Kaufvertrages klagen. Dies kann vor allem dann zu rechtlichen Problemen führen, wenn man über den Kaufpreis gar nicht verfügt.“ Umgekehrt ist natürlich genauso eine Klage von Seiten des Käufers möglich, sollte der Verkäufer das Angebot nach der mündlich geschlossenen Übereinkunft zurückziehen.

Schon vor der Unterzeichnung des Kaufvertrages kann es zu Verbindlichkeiten kommen
Schon vor der Unterzeichnung des Kaufvertrages kann es zu Verbindlichkeiten kommen © wichayada/stock.adobe.com

2. Wissen Sie wirklich alles über Ihre Immobilie?

Als Verkäufer muss man nicht nur viele Pflichten erfüllen, sondern auch über seine Liegenschaft bestens Bescheid wissen. Gerade bei lange bestehenden Besitzungen kann die eine oder andere böse Überraschung lauern.  „Aus Käufersicht steht an erster Stelle immer eine Prüfung, ob die Wunschimmobilie auch rechtlich das hält, was sie verspricht. Hier geht es um die Kontrolle des Grundbuchstandes, des Vorliegens aller notwendigen behördlichen Bewilligungen, wie z.B. eines Baubescheides, und um die Klärung allenfalls unklarer im Grundbuch nicht ersichtlicher Belastungen“, so Krenn.

Gabriele Krenn, Präsidentin der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer
Gabriele Krenn, Präsidentin der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer © KK

Ein häufiges Thema sind Dienstbarkeiten oder so genannte Servituten – darunter versteht man zum Beispiel Wegerechte von Nachbarn. Diese stehen im Grundbuch – meistens, aber nicht immer: We­gerechte zum Beispiel können nach 30 Jahren auch ersessen werden – diese Rechte stehen den Nachbarn auch dann zu, wenn da­rüber gar nichts im Grundbuch steht. Auch als Eigentümer kann einem dieses Recht des Nachbarn gar nicht bewusst sein. Das kann eine Falle sein, denn wird erst nach dem Kauf bekannt, dass man sein Grundstück nicht exklusiv benützen darf, ist das nicht nur unangenehm, sondern oft auch Streitpunkt über die Höhe des Kaufpreises: Schließlich ging man auf Käuferseite davon aus, eine servitutenfreie Liegenschaft zu erwerben.

Um böse Überraschungen, wie etwaige bestehende Dienstbarkeiten gegenüber Nachbarn, zu vermeiden, sollten Sie sich im Vorfeld rundum absichern
Um böse Überraschungen, wie etwaige bestehende Dienstbarkeiten gegenüber Nachbarn, zu vermeiden, sollten Sie sich im Vorfeld rundum absichern © JackF/stock.adobe.com (Iakov Filimonov)

3. Sichern Sie sich innerhalb der Familie ab

Ein nützliches Hilfsmittel, um Problematiken wie etwa hier in Punkt 1 beschrieben zu umgehen, kann ein Belastungs- und Veräußerungsverbot sein. Ein solches wird oftmals innerhalb der Familie geschlossen, wie Krenn erläutert: „Werden diese zwischen Ehegatten oder zwi­schen Eltern und Kin­dern vereinbart und im Grund­buch eingetragen, wirken sie auch gegen Dritte. Ein Verkauf oder eine Verpfändung ist ohne Zustimmung des Berechtigten nicht mehr möglich.“ Genauso kann solch ein Verbot natürlich für den Verkäufer auch zu Unannehmlichkeiten führen, sollte der Berechtigte prinzipiell gegen einen Verkauf sein.

Entstanden in Kooperation mit den steirischen Rechtsanwälten.