Wenn wir den Begriff „Gut vorsorgen“ hören, denken die meisten von uns an Sparbücher, Versicherungen, Investments oder auch die eigene Pensionsvorsorge. Allzu selten ist uns bewusst, dass zum Vorsorgen unbedingt auch das Aufsetzen eines Testaments gehört. Das heißt: Jeder, der über Vermögenswerte verfügt – und das ist auch schon ein Sparbuch, aber natürlich auch eine Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus – sollte seine Verlassenschaft rechtzeitig – also zu Lebzeiten - regeln. Denn nur wer das macht, kann selbst entscheiden, wem er was nach dem Ableben zukommen lässt - und eventuell auch viel Streit und Zerwürfnisse unter seinen Erben verhindern.
Ab diesem Zeitpunkt sollten Sie an ein Testament denken
Notar Mag. Werner Stein aus Klagenfurt erklärt: "Im Grunde immer dann, wenn man Vermögen hat, denn dann muss man auch Verantwortung übernehmen. Gerade für denjenigen, mit dem man gemeinsam ein Vermögen aufbaut. Zum Beispiel passiert es bei uns häufig, dass Klienten wegen eines ganz anderen Themas zu uns kommen und dann beim Testament landen. Wenn sich etwa ein Paar gemeinsam ein Haus kauft, muss ich dann etwas unromantisch sein und fragen: Haben Sie sich schon überlegt, was passiert, wenn etwas passiert?"
Ab welchem Alter sollten Sie sich damit beschäftigen?
Notar Dr. Dieter Kinzer aus Mürzzuschlag meint dazu: "Das hängt nicht mit einem bestimmten Alter zusammen, sondern vielmehr damit, ob ich Vermögen habe bzw. mir ein Vermögen aufbaue. Das Thema spreche ich beispielsweise an, wenn jemand eine Immobilie kauft. Es ist wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, denn keiner kann in die Zukunft schauen."
Schließen Sie Fehlerquellen aus
Das Verfassen eines rechtsgültigen Testaments birgt auch ein paar Fallen. Damit ein Testament gültig ist und tatsächlich dem Willen des Verfassers entspricht, ist vor allem eine präzise Formulierung erforderlich, betonen die österreichischen Notare, die in diesem Zusammenhang zu kompetenter Beratung raten. Denn unklare bzw. mehrdeutige Formulierungen, die unterschiedlich verstanden werden können, führen häufig zu Missverständnissen und Streit. Ein Fehler, der beispielsweise häufig gemacht wird, ist, dass nicht zwischen Erben und Vermächtnisnehmern, die nur einen definierten Teil aus dem Nachlass erhalten sollen, unterschieden wird. Deswegen ist es enorm wichtig, in seinem Testament – auch Letztwillige Verfügung genannt - eindeutig festzulegen, wem welche Vermögenswerte zufallen sollen.
Halten Sie Formvorschriften ein
2017 ist eine Erbrechtsreform in Kraft getreten, die Formerfordernisse an letztwillige Verfügungen verschärft hat. Das erklärte Ziel der Reform war, am Computer verfasste oder jemandem diktierte - also fremdhändig verfasste - Testamente fälschungssicherer zu machen. Wer diese Formvorschriften missachtet, riskiert, dass sein Testament für ungültig erklärt wird. Und mit einem formungültigen Testament kann nicht geerbt werden. Deshalb der wichtige Rat: Wer ohne juristische Unterstützung ein Testament verfasst hat, sollte dieses unbedingt in Hinblick auf Formfehler überprüfen lassen.
Eigenhändiges Testament
Was dabei an Formvorschriften zu beachten ist:
- Das eigenhändige Testament muss vom Testamentsverfasser zur Gänze eigenhändig (handschriftlich) geschrieben und mit vollem Namen unterschrieben sein - ein Handzeichen oder eine Stampiglie genügen dafür nicht. Zeugen braucht man bei einem eigenhändig geschriebenen Testament allerdings nicht.
- Es ist empfehlenswert, das eigenhändig geschriebene Testament zu datieren. Ein Datum kann nämlich im Verlassenschaftsverfahren von Bedeutung sein, etwa dann, wenn mehrere, sich widersprechende Testamente vorliegen.
- Besteht eine letztwillige Verfügung aus mehreren Seiten, so sollten diese doch als Einheit erkennbar sein – etwa durch die fortlaufende Nummerierung. Es sollte auch jede Seite unterschrieben werden.
Fremdhändiges Testament
Für diese Art des Testaments gelten sehr strenge Vorgaben:
- Das Testament muss vom Verfügenden in Gegenwart von drei gleichzeitig anwesenden Zeugen eigenhändig unterschrieben und mit einem eigenhändig geschriebenen Zusatz versehen werden, dass die Urkunde den letzten Willen enthält. Der Zusatz kann beispielsweise so lauten: „Diese Urkunde enthält meinen letzten Willen“ oder „Mein letzter Wille“, „Das will ich“ oder „So soll es sein“. Ein Zusatz wie „ok“ wäre hingegen unzureichend.
- Die Identität der Zeugen muss aus der letztwilligen Verfügung hervorgehen. Dafür sind der Vor- und Familienname sowie das Geburtsdatum oder die Adresse der Zeugen erforderlich. Diese Angaben können auch fremdhändig geschrieben werden. Sie müssen somit nicht vom Zeugen eigenhändig verfasst werden. Hingegen muss der Zeuge unterschreiben und unbedingt einen eigenhändigen Zusatz anfügen, der auf seine Zeugeneigenschaft hinweist (z.B. „als Zeuge der letztwilligen Verfügung“ oder „als Testamentszeuge“).
- Das Testament und die Unterschriften der Zeugen müssen eine Einheit bilden. Werden die Unterschriften der letztwilligen Verfügung auf einem losen Blatt einfach beigelegt, ist das gesamte Dokument laut einer OGH-Entscheidung ungültig, da keine inhaltliche Verbindung zwischen den Seiten bestehe. Der Testamentsverfasser sollte darauf achten, dass z. B. über eindeutige Seitenbezeichnungen eine Einheit des Dokumentes hergestellt wird, und jedes Blatt einzeln unter Beachtung der Formvorschriften unterschreiben lassen.
- Als Zeugen dürfen keine Personen ausgewählt werden, die befangen oder ausgeschlossen sind, weil sie beispielsweise mit einem Bedachten nahe verwandt sind – sonst ist der Letzte Wille des Testamentsverfassers hinfällig.
- In allen Fällen ist es zusätzlich ratsam, Ort und Datum der Unterfertigung hinzuzufügen. Dies muss aber nicht eigenhändig geschehen.
Österreichweit sind 522 Notarinnen und Notare tätig. Ein Erstgespräch ist kostenlos. Die Kanzleien sind grundsätzlich auch während des Lockdowns nach vorhergehender Terminvereinbarung (per Telefon oder E-Mail) geöffnet.
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Eine Information der ÖGIZIN GmbH
Entstanden in Kooperation mit der Notariatskammer Steiermark.