Die Geschichte des Standorts geht weit zurück. 1434 – lange vor der Entdeckung Amerikas – wird erstmals eine „Walchstampf“ urkundlich erwähnt. Seit 1860 wird Wolle maschinell zu Garn versponnen und zu Loden weiterverarbeitet. Bis heute. Seit 1880 ist die Lodenwalke im Besitz der Familie Steiner.
Herr Steiner, gab es für Sie einen beruflichen Plan B abseits der familieneigenen Lodenwalkerei?
Jörg Steiner: Der Gedanke, dass einer von uns drei Brüdern den Betrieb übernimmt, war immer da. Als Ältester war mein Weg damit mehr oder weniger vorgezeichnet. Ich habe eine Textilfachschule absolviert, die es heute in dieser Form gar nicht mehr gibt. Ich bin froh, diese Chance erhalten zu haben.
Sie sind mit 19 Jahren in den Familienbetrieb eingestiegen, haben ihn mit 25 Jahren von ihren Eltern übernommen. Wie lief die Übergabe?
Es war ein Paradebeispiel, wie man es machen sollte. Mein Vater war diesbezüglich ein gebranntes Kind, weil ihn sein Vater lange keine Entscheidungen hat treffen lassen. Er wollte es selbst anders machen, hat mich ins kalte Wasser geworfen und einfach tun lassen – Fehler inklusive. Anfangs glaubt man als Junger ja, alles niederreißen zu müssen. Bis man dann drauf kommt, dass die Alten vielleicht doch nicht so blöd waren, in dem wie sie etwas getan haben.
Aber bei aller Tradition braucht es doch auch Innovation, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben, oder?
Natürlich muss man sich anpassen und neue Wurzeln wachsen lassen, darf aber die alten nicht ausreißen.
Welche Innovationen haben Sie umgesetzt?
Bis 2014 war die einzige Verkaufsstelle für unsere Kleidung der Stammsitz in Ramsau Rössing. Damals haben wir dann mit einem Onlineshop begonnen, der heute ein wichtiges Standbein geworden ist. Außerdem wollten wir das Bild vom Loden in den Köpfen der Leute – „grau, grün, Tracht“ – aufbrechen und zeigen, wie viel Potenzial in dem Naturprodukt steckt. Dafür haben wir mit „LWS“ ein eigenes Label gegründet, das für modernes, sportliches Design steht.
Ihr Sohn ist 16 Jahre alt. Soll er einmal die Familientradition fortschreiben?
Er beginnt gerade eine Tischlerlehre. Es freut mich, dass er sich für diese Art der Berufsausbildung entschieden hat. Was eine mögliche Übernahme angeht, denkt man natürlich nach. Aber es gibt keinen Zwang, ich bin da ganz entspannt.
Klaus Höfler