Arbeitlos, aber rund um die Uhr im Einsatz, so sieht der Alltag von Uwe Plamberger, 49, aus. Als der gebürtige Oberösterreicher 2005 einen positiven HIV-Test erhielt, blieb in seinem Leben kein Stein auf dem anderen. Wie viele Betroffene erlebte Plamberger die Diagnose als Todesurteil. Erst nach und nach wurde dem gelernten Bürokaufmann klar, was es bedeutet, ein Leben mit dem Virus im Blut zu führen – und dass dieses sogar mehr oder weniger „normal“ sein kann.

Verborgene Risikogruppe

Nach seiner Übersiedlung nach Wien begab sich Plamberger, der stets stabile Werte gehabt hatte, 2012 in Behandlung. 2013 machte er die Ehrenamtlichen-Ausbildung der Aids Hilfe Wien. Seither hat ihn das Engagement in eigener Sache nicht mehr losgelassen. „Es stört mich einfach, dass die Menschen einen mit schrägem Blick ansehen, wenn man zum Beispiel aus dem Gebäude der Aids Hilfe auf die Straße tritt“, sagt Plamberger und fügt hinzu: „Die Erkrankung wird nach wie vor mit einem verantwortungslosen Lebenslauf in Verbindung gebracht.“ Dabei würden sich Menschen aus Risikogruppen, wie etwa Schwule, von Haus aus viel öfters testen lassen. Eine wahre Gefahr seien viel eher jene Menschen, die sich in Sicherheit wiegen und daher gar nicht auf die Idee kämen, einen Test zu machen.

Diesem Problem will auch eine aktuelle Kampagne der Aids Hilfe Wien gemeinsam mit dem Pharmaunternehmen ratiopharm entgegentreten. Die seit Juli 2018 auf dem Markt befindlichen Schnelltests für zuhause sollen mehr Menschen ermutigen, ihren Status zu ermitteln. Dazu braucht es nicht viel: einen Tropfen Blut, 30 Minuten warten, und das Ergebnis steht fest. Medizisch ist die frühe Diagnose von besonderer Bedeutung, spielt sie doch eine wesentliche Rolle für den Behandlungserfolg. „Derzeit ist es leider so, dass bis zu 25% der HIV-positiven Österreicher ihre Diagnose zu einem Zeitpunkt erhalten, an dem die Infektion weit fortgeschritten ist“, sagt Wolfgang Wilhelm, Obmann der Aids Hilfe Wien. Wer das Virus bereits drei oder mehr Jahre im Körper trägt, hat also möglicherweise bereits ein geschwächtes Immunsystem, bevor die Behandlung überhaupt beginnt. Um hier wirksam Abhilfe zu verschaffen, soll die neue Kampagne den Schnelltest noch mehr in den Köpfen der Bevölkerung verankern.

Große Wissenslücken in der Bevölkerung

Ein Grund für die fehlende Bereitschaft, sich testen zu lassen, ist die die nach wie vor massive Stigmatisierung der Betroffenen. Nur wenige Menschen wissen überhaupt, dass HIV mithilfe hochaktiver antiretroviraler Therapie, kurz HAART, behandelt werden kann. „Eine HIV-infizierte Person unter einer antiretroviralen Therapie, mit vollständig supprimierter Virämie (sART) ist sexuell nicht infektiös“, das heißt, sie gibt das HI-Virus bei einer Viruslast unter der Nachweisgrenze nicht über Sexualkontakte weiter, heißt es etwa seitens der Eidgenössischen Kommission für Aids-Fragen (EKAF). Dies setzt aber voraus, dass infizierte Personen ihren Status kennen. Unter dem Motto „know your status“ hat der Life Ball bereits voriges Jahr aktiv dafür gesorgt, dass sich immer mehr Menschen testen lassen. In Österreich konnte man sich bislang bei einer der Aids Hilfen  anonym testen lassen; mit Hilfe des Schnelltests ist dies noch leichter. Sollte dieses positiv ausfallen, steht eine von ratiopharm und Aids Hilfe finanzierte Hotline von 10 bis 17 Uhr rasch und unbürokratisch mit Rat und Hilfe beiseite.

Auch der auf HIV spezialisierte Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision Christof Mitter ist immer wieder erstaunt über die großen Wissenslücken in der Bevölkerung. Viele Betroffene, die nach der Diagnosestellung zu ihm kommen, würden unter Schock stehen. „Manchmal braucht es vier bis fünf Erklärungen von meiner Seite, bis vorstellbar ist, dass das Leben auch mit der Infektion weitergeht.“ Massive Schuld- und Schamgefühle würden dem Darüber-Sprechen oft im Wege stehen. „Meine Botschaft an alle ist,“ so Mitter „dass eine HIV-Diagnose überhaupt kein Hindernis darstellen muss, um mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen.“

Offenheit und Information besonders wichtig

Was Mitter anspricht, ist, das Problem der Selbst-Stigmatisierung. Uwe Plamberger kennt die Schwierigkeit, sich selbst an den Rand zu stellen, noch bevor es die anderen tun. Auch er hat sich nicht immer so offen ge-outet wie heute. „Es war mein Glück, dass ich in meinem näheren Umfeld auf Menschen traf, die offensichtlich bereits mehr Informationen hatten als ich“, sagt der Wiener. So hätte seine Mutter trotz ihrer ländlichen Herkunft sofort gesagt: „Da gibt’s doch schon etwas.“ Dieses Glück haben nicht alle, weiß der Therapeut in Ausbildung unter Supervision Mitter. „Je nach Wissensstand dessen, dem man sich anvertraut, muss man mit ganz unterschiedlichen Reaktionen rechnen.“ Gerade darum seien öffentlichkeitswirksame Kampagnen nach wie vor von so großer Wichtigkeit. Auch Plamberger wird dabei „nichts auslassen“. „Die nächsten 14 Tage bin ich ausgebucht“, sagt er: „mit Ständen, Festen, Info-Tischen im Kino.“ Als Ende unserers Gesprächs steht sein mit einem Lächeln vorgetragenes Angebot: „Wenn Sie mich für einen Vortrag mit Zahlen – Fakten – Daten buchen wollen, jederzeit gerne.“

Mehr Informationen zum autotest VIH® von ratiopharm finden Sie HIER