Der Start der Sommerferien bedeutet für Eltern mit Kindern und Jugendlichen den Beginn eines Betreuungsdilemmas: Die in der Regel fünf Wochen Urlaubsanspruch von Berufstätigen lassen sich mit den zwei schulfreien Monaten nur schwer bis gar nicht vereinbaren. Als Folge benötigen fast 90 Prozent aller Eltern eine Ferienbetreuung für ihre Kinder, zitiert Gabi Lechner, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Steiermark und Vorsitzende von „Frau in der Wirtschaft“, die Ergebnisse einer steirischen Untersuchung.
Laut einer bundesweiten Studie setzen insgesamt 60 Prozent der Eltern in dieser Zeit auf Betreuung durch Verwandte oder Bekannte. Eine Woche sind die Kinder im Schnitt unbetreut daheim, vielfach übernehmen dann ältere Geschwister die Betreuung. Mehr als 70 Prozent der Eltern müssen für die Betreuung ihres Nachwuchses in den Ferien aber zahlen. Dafür fallen über den Sommer im Bundesschnitt Kosten von 415 Euro pro Kind an. Um die finanzielle Belastung zu minimieren, konsumieren Eltern vielfach ihren Urlaubsanspruch, Überstunden und Zeitausgleich vorwiegend im Sommer, nützen (vermehrtes) Homeoffice zur Betreuung, teilen die Urlaubszeit zulasten gemeinsamer Ferien auf oder reduzieren ihre Arbeitszeit, weil sich ein Vollzeitjob nicht mit den Betreuungspflichten vereinbaren lässt. „Das sind Rahmenbedingungen und deren Folgen, die auch der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts schaden“, kritisiert Lechner.
Seitens der Unternehmervertretung wird daher nicht nur auf einen Ausbau eines leistbaren Angebots gedrängt, sondern eine umfassende Reform gefordert. „Das Bildungssystem muss endlich im 21. Jahrhundert ankommen“, so Lechner. So sollte die Ferienzeit verstärkt für die Entdeckung und Förderung von Talenten herangezogen werden – unabhängig vom jeweiligen sozioökonomischen Status der Erziehungsberechtigten. Durch derartige Aktivitäten und Angebote könne nicht nur ein positiver Beitrag zur Stärkung der Bildungs- und Berufsorientierungskompetenz der Kinder und Jugendlichen geleistet werden, auch der „Sommerlocheffekt“, der Kinder aus Familien mit weniger Ressourcen im Herbst mit Rückstand ins Schuljahr starten lässt, könnte vermindert und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden.