Gleichberechtigung im Berufsleben ist für Frauen eine der essenziellsten Voraussetzungen für ökonomische Eigenständigkeit und den Aufbau eigenen Wohlstands. Untersuchungen zeigen jedoch noch immer, dass punkto Gleichstellung von Mann und Frau im Wirtschaftsleben viel zu tun ist. Vor allem Themen wie Familie/Kinderbetreuung und Beruf/Arbeit sowie Berufsmöglichkeiten lassen einen deutlichen Handlungsbedarf erkennen. Was noch für ein rasches Handeln in diesem Bereich spricht: In Zeiten des großen Arbeits- und Fachkräftemangels ist die ökonomische Gleichstellung von Frauen auch ein zentraler Wirtschaftsfaktor. Österreich bzw. die Oststeiermark können auf die vielen weiblichen Talente einfach nicht verzichten.
Gemeinsam Lösungen finden
Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft, sei es hinsichtlich Gesellschaft, Politik, Natur und Umwelt, Technologie, Gesundheit etc., können nur gemeinsam gefunden werden. Und gemeinsam heißt: alle Geschlechter gleichermaßen – und alle gleichberechtigt! Warum das wichtig ist? Gleichstellung bringt Vorteile für Einzelpersonen (egal, ob Frau oder Mann), für Familien, für die Gesellschaft und für eine innovative, wettbewerbsfähige und florierende Wirtschaft – also für alle!
Gleichstellung in den Regionen
Gerade periphere Regionen sind aktuell von einem Bevölkerungsrückgang und einer älter werdenden Bevölkerung geprägt. Diese „Landflucht“ aufgrund unter anderem fehlender Perspektiven am Arbeitsmarkt betrifft insbesondere junge Frauen. Gründe dafür finden sich u. a. auch in Rollenstereotypen, z. B. hinsichtlich der noch meist auf Frauen lastenden Care-Arbeit, klischeehaften Aufteilung von Beruf und Familie oder in den nicht ausreichenden Kinderbetreuungseinrichtungen. Nur durch „gleichwertige Lebensverhältnisse“ kann die Attraktivität der ländlichen Räume für (junge) Frauen gehoben und damit deren Familienwünschen entsprochen werden.
Die Oststeiermark will Impulse setzen
Vor allem in der Oststeiermark möchte man Bewusstsein dafür schaffen, was sich in der Wirtschaft verbessern könnte, wenn man Gleichstellung der Geschlechter berücksichtigt.
Folgende Daten und Fakten zeigen, warum gerade in der Oststeiermark das Thema ein brennendes ist:
- In den peripheren Regionen der Oststeiermark wandern mehr Frauen ab als Männer.
- In der Region Oststeiermark verdienen Frauen im Schnitt um 41,5 Prozent weniger als Männer. Gründe dafür sind die ungleiche Verteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit, die Wahl der Berufsbranchen, lange Teilzeitarbeit bei Frauen etc.
- Rund 50,7 Prozent der erwerbstätigen Frauen arbeiten in Teilzeit, aber nur 7,9 Prozent der Männer.
- Nur 0,8 Prozent der Männer nehmen Karenz in Anspruch, im Vergleich dazu 99,2 Prozent der Frauen.
- Frauen in der Region Oststeiermark haben eine um 42,1 Prozent niedrigere Pension als Männer. Das ist ein Grund dafür, warum Frauen stärker von Altersarmut betroffen sind als Männer.
- Nur 40,9 Prozent der Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen in der Oststeiermark haben mindestens acht Stunden pro Tag geöffnet. Das erweist sich für berufstätige Eltern oftmals als große Herausforderung im Lebensalltag.
- Von 67 Bürgermeister:innen in der Oststeiermark sind sechs Frauen. Nur 22 Prozent der Gemeinderät:innen in der gesamten Oststeiermark sind Frauen.
Bewusstseinsbildung notwendig
Um für Gleichstellungsthemen, besonders in Beruf und Arbeit, im ländlichen Raum zu sensibilisieren, betreibt die Regionalentwicklung Oststeiermark ganz gezielt Bewusstseinsbildung. „Gleichberechtigung, vor allem in Beruf und Arbeit, passiert nicht von heute auf morgen und braucht entsprechende Rahmenbedingungen. Wir wollen in der Oststeiermark jedoch Möglichkeiten aufzeigen, um gemeinsam Akzente für mehr Chancengleichzeit zu setzen“, so die Geschäftsführerin der Regionalentwicklung Oststeiermark Daniela Adler.
Eine dieser Möglichkeiten ist der Papamonat: Jeder werdende Vater hat Anspruch auf Dienstfreistellung für die Dauer von einem Monat und kann Familienzeitbonus beantragen. Dieser soll im nächsten Jahr verdoppelt werden und mehr Anreize für Väter schaffen, beim Nachwuchs daheim zu bleiben. Aufgrund des Rechtsanspruches kann der Papamonat vom Betrieb auch nicht verweigert werden.
Ein weiteres Instrument zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Elternteilzeit. Sie bietet Kündigungs- und Entlassungsschutz für den Elternteil, der ihn konsumiert und wurde unlängst bis zum achten Lebensjahr verlängert.
Kinderbetreuung versus Landflucht
Absolute Priorität im Zusammenhang mit mehr Chancen für Frauen am Land muss der massive Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen haben. Denn vor allem junge Frauen verlassen oftmals ihre (peripheren) Heimatregionen, um in Kleinstädten oder urbanen Ballungszentren ganztägige Kinderbetreuungsangebote für ihre Kinder zu nutzen und wieder einzusteigen.
In der Oststeiermark wird der Großteil der Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen nach wie vor halbtags geführt. Fehlt die Kinderbetreuung, fehlen irgendwann auch die Arbeitskräfte, was sich wiederum negativ auf die Produktivität der Unternehmen und die regionale Wertschöpfung insgesamt auswirkt.
Damit Landflucht erst gar nicht passiert, haben bereits etliche Betriebe die Notwendigkeit erkannt, selbst an Gleichstellungshebeln zu drehen. Neben dem „Rogner Bad Blumau“ und dem Hotel Fast in Wenigzell trägt das Friedberger Unternehmen E.L.T. mit der betrieblichen Kinderbetreuung „Rundherum“ dazu bei, qualifiziertes Personal in der Region zu halten. „Unser ganztägiges Betreuungsangebot wird sowohl von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch von betriebsfremden Personen dankend angenommen“, freut sich Dagmar Ajtic, Geschäftsführerin bei E.L.T., über Fachkräfte, die im Ort bleiben. Derartige Role-Models wirken sich doppelt positiv aus: Sie wirken als Ideengeber für andere Betriebe und punkten bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als einzigartiger Social Benefit.
Großes Potenzial – Lehre in Technikberufen
Die Lehrlingsstatistik der WKO zeigt, dass die drei häufigsten gewählten Lehrberufe bei Frauen Einzelhandel, Bürokauffrau und Friseurin sind. Wenige weibliche Lehrlinge wählen einen Beruf in Metall und Technik, obwohl es hier ebenfalls viele Chancen und Vorteile für junge Frauen gibt. Die Berufswahl beeinflusst das spätere Einkommen. Die Lohnniveaus in den von Frauen bevorzugt gewählten Bereichen sind niedriger als in technikdominierten Wirtschaftszweigen.
Technische Berufe sind heute nicht mehr so körperlich belastend wie früher. Man arbeitet viel mehr mit dem Computer oder an modernen Maschinen und Geräten und die körperlich anstrengenden Tätigkeiten sind meist auf ein Minimum reduziert. Technisch versierte Fachkräfte wie Metalltechnikerinnen, Mechatronikerinnen, Technische Zeichnerinnen oder Konstrukteurinnen sind gefragt wie nie und werden entsprechend gut bezahlt.
Die verschiedenen Lehrberufe in Metall und Technik erfordern unterschiedliche Talente und Skills. Es gibt viele junge Frauen, die eine Leidenschaft für Technik, Mechanik oder das Erschaffen von Dingen haben. Man braucht Kreativität, Selbständigkeit, Genauigkeit und Kommunikationsfähigkeit und diese Begabungen kann jede Frau sowie auch jeder Mann haben, man muss sie nur erkennen und fördern. Vor allem die Organisation „zam“, Regionalstelle Oststeiermark, setzt sich hier verstärkt für Frauen in Metall und Technik ein, wie viele Erfolgsstorys auf deren Website berichten. Auch in der Oststeiermark konnten hier viele junge Frauen deren Traumberuf in Metall und Technik ergattern (siehe Bilder).
Entstanden in Kooperation mit Regionalentwicklung Oststeiermark. Unterstützt aus Mitteln des Steiermärkischen Landes- und Regionalentwicklungsgesetzes.