Die Befürchtung ist real. Je mehr die heisse Phase des Wahlkampfs von der Causa Silberstein überlagert wird, umso größer ist die Gefahr, dass sich doch wieder viele ihren Teil denken und am 15. Oktober lieber zu Hause bleiben statt ihre Bürgerpflicht nachzukommen. Das ist insofern schade, weil erstmal seit langem wirklich spannende Kandidaten zur Wahl stehen. Vor vier Jahren hatten wir es noch mit Werner Faymann und Michael Spindelegger zu tun. Kern, Kurz, Strolz, Pilz, Lunacek oder Strache - was willst du mehr?
Die jüngsten Enthüllungen in der Causa Silberstein sind für Kern und die SPÖ eine mittlere Katastrophe. SIlberstein ist ja nicht, wie ich heute schon in der Früh bei Café Puls analysiert habe, mit den Politikberatern Peter Filzmaier oder Thomas Hofer zu vergleichen, er ist ein international anerkannter (ja so meine ich es) "Master of Dirt", ein Spezialist für Schmutzkübelkampagnen. In der US-Doku "Our Brand is Crisis" kommt er im Zusammenhang mit dem bolivianischen Präsidentschaftswahlkampf, wo Silberstein einen der Kandidaten beriet, wie folgt zu Wort: " We have to start negative campaigns against him. We have to make him from clean to a dirty candidate. That´s our task... He has some stuff on him. He´s going to do it outside parties. I told him: Everything you do, it cannot be connected to us in any way.".
Manche Kommentatoren und Beobachter lassen sich bereits zu der Aussage hinreißen, mit der Causa Silberstein habe der Wahlkampf in Österreich eine neue Dimension erlangt. Liebe Kollegen, lernt Geschichte. Ich war zufällig am Sonntag, während SPÖ-Chef Kern vor die Presse trat, in St. Pölten bei der von Stefan Karner kuratierten, sehenswerten Ausstellung "Die umkämpfte Republik" über die Zwischenkriegszeit. Ein Saal widmet sich ausschließlich der damaligen Parteien und zeigt etwa auch die damaligen Wahlplakate. Man weiß es ohnehin, aber ich war dann doch wieder überrascht: Die Schmutzkübelkampagnen, die Christdemokraten, Sozialdemokraten und andere orchestriert hatten, waren um keinen Deut besser als Silbersteins heutige Aktivitäten. Und das gilt auch für die Nachkriegszeit, die vermeintlich gute alte Zeit des politischen Diskurses.