Dass Christian Kern dem Herausgeber von Österreich, Wolfgang Fellner, einen Korb gegeben hat wegen der nicht sehr freundlichen Berichterstattung über ein internes SPÖ-Papier, hat sich in der Zwischenzeit herumgesprochen. Angeblich ist dieses Papier über dubiose Kanäle an die ÖVP gelangt - in der SPÖ erzählt man sich, der Sohn eines hohen Spitzenpolitikers sei mit jener Frau liiert gewesen, die das Dossier aus Verärgerung über ihre Entlassung weitergespielt habe. Das wenig schmeichelhafte Papier war ausschließlich für den internen Gebrauch gedacht – und ist wahrlich keine Sensation.

Ehemalige Wahlkampfmanager erzählen mir, dass schonungslose Analysen über die Stärken und Schwächen des eigenen Kandidaten zum Standardrepertoire jeder Wahlkampfvorbereitung gehören. Bekanntlich hat der SPÖ-Chef alle wahlkampfbezogenen Inserate (nicht die offiziellen Inserate des Kanzleramts) storniert sowie alle bereits fixierten Interviews abgeblasen. Das betrifft auch die für Anfang Oktober bereits fixierte Dreierkonfrontation mit Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache, die von der Kleinen Zeitung und den Bundesländerzeitungen Mitte September abgehaltene Dreirunde bleibt damit ein historisches Unikum.

Wolfgang Fellner ist nicht der einzige Medienmanager, dem Kern einen Korb gegeben hat. Aus der heutigen und auch der morgigen Kronen Zeitung geht hervor, dass Kern sich auch dem größten Boulevardblatt verweigert hat (Seiten 4 und 5). Eine Woche lang sollten sich alle sechs Spitzenkandidaten mit Chance auf den Einzug ins Parlament einem Persönlichkeitscheck ("so mutig sind die Spitzenkandidaten") unterziehen, Peter Filzmaier und zwei andere Experten sollten die ausgewerteten Daten analysieren. Laut Kronenzeitung brach der Kanzler den Test auf halber Strecke ab - „weil das ein lächerlicher Gag ist.“ Hinter vorgehaltener Hand heißt es, zunächst sei der Eindruck erweckt worden, es handle sich um eine seriöse Befragung, das sei aber nicht der Fall gewesen, deshalb sei der Kanzler aufgestanden und gegangen.

Anders als bei der "Österreich" zieht der Kanzler daraus keine weiteren Konsequenzen in der Inseratenpolitik sowie bei der Zusammenarbeit mit der Redaktion.