Nur einmal schnell Bescheid geben, dass man gleich zu Hause ankommt. Kurz schauen, ob vielleicht nicht eine SMS eingetrudelt ist. Oder einfach im Netz surfen, weil der Stop-and-go-Verkehr so einschläfernd ist – alles kein Problem mit einem modernen Smartphone, wenn auch strengstens verboten. Aber Hand aufs Herz: Wer hat während der Fahrt nicht schon einmal zu seinem Mobiltelefon gegriffen? Ein klitzekleines Kavaliersdelikt, und lange dauert ein Blick auf das Display ja auch nicht, was soll da schon passieren? Leider erschreckend viel.
„Die häufigste Unfallursache ist definitiv die Ablenkung, die eine mangelhafte Konzentration auf den Verkehr bewirkt“, erklärt Hermann Steffan, Leiter des Instituts für Fahrzeugsicherheit der TU Graz, „und das größte Problem sind hierbei sicher die Handys.“ Tatsächlich ist es nämlich so, dass das Bedienen von Radio und Navigationssystem genauso ablenkt wie der schnelle Blick aufs Mobiltelefon. Aber auf Letzteres schaut man pro Tag im Schnitt mehr als 80 Mal – auch im Auto. Geht es nach der US-amerikanischen Akademie der Wissenschaften (NAS), sind das sechs Prozent der Fahrzeit.
Das kann verheerende Folgen haben: Zahlen des VCÖ belegen, dass diese Ablenkungen nicht nur 33,1 Prozent aller fatalen Unfälle auslösen, sondern auch, dass telefonierende Autofahrer so langsam reagieren wie Lenker mit 0,8 Promille Alkohol im Blut. Und das ist noch lange nicht die größte Gefahr. Denn während das reine Telefonieren das Unfallrisiko um das Vier- bis Fünffache steigert, klettert es beim Tippen einer SMS gleich um das 23-Fache. So vergehen schnell ein paar Sekunden, in denen man nicht ein einziges Mal auf die Straße blickt: Bei 50 km/h reichen schon zwei Sekunden Verzögerung, und man prallt ungebremst auf das Unfallopfer. Wer bei 130 km/h telefoniert, muss gar mit einem um 20 Meter längeren Anhalteweg rechnen. Wird eine SMS geschrieben, kommen sogar 72 Meter hinzu. Von einem Kavaliersdelikt kann man also schon längst nicht mehr reden.
Unachtsame Kompensation
Wie tückisch die technischen Helferlein sein können, belegt Steffan mit einer aufschlussreichen Studie über die Auswirkungen sogenannter Einparkhilfen: „Als die Systeme neu auf dem Markt waren, gab es bei Ausparkunfällen und ähnlichen Fällen einen Rückgang von 30 bis 40 Prozent. Mittlerweile liegt die Unfallwahrscheinlichkeit bei Fahrern, deren Autos über Parkpiepserln verfügen, auf dem üblichen Niveau, weil sie ohne Sorgfalt zurückfahren.“
Laute Farbe
Steffan betont jedoch, dass es noch einen zweiten, allseits gut bekannten und unterschätzten Auslöser dieser Abkommensunfälle gibt: den Sekundenschlaf. „Das ist nach wie vor ein Riesenproblem, vor allem bei langen Fahrten. Schon bei den ersten Anzeichen von Müdigkeit gilt es also, bei nächster Gelegenheit stehen zu bleiben und kurz Pause zu machen.“ Kurz die Beine vertreten oder Obst essen kann entscheidend sein, denn „kommt man einmal in die Nähe des Sekundenschlafs, geht es ganz rapide. Wir sehen das sehr oft, da wird man nicht mehr richtig munter.“
Dass diese Art von Unfällen oft kurz vor dem Erreichen des Ziels passiert, liegt für Hermann Steffan im Irrglauben vieler, die restlichen Kilometer auch noch irgendwie durchbeißen zu können. Wer will schon auf der letzten Etappe noch einmal extra stehen bleiben? Dabei kann diese leichte Verspätung entscheidend sein.